14.06.2005 - Kirchenzeitung der Diözese Linz, Helene Daxecker-Okon
Wach auf, du junge Christenheit! Unter diesem Motto stand 1951 ein österreichweiter Bekenntnistag der Katholischen Jugend.
„Am Sonntag brachten Son- derzüge gegen 10.000 Jugendliche aus allen Teilen des Landes Tirol in die Landeshauptstadt. In langem Zug schritt, geleitet von mehreren Musikkapellen in Trachten, die Jugend in Fünfer-reihen mit ihren Fahnen durch die Maria-Theresien-Straße zum Rennweg, wo vor dem Theater, weithin sichtbar, der Altar aufgebaut war … Nach dem Evangelium nahm Bischof Dr. Rusch gegen 500 Jugendlichen das feierliche Versprechen ab, zwei Jahre lang getreue Führerarbeit in der Katholischen Jugend zu leisten und Vorbild zu sein.“ Der Volksbote vom 27. Mai des Jahres 1951 berichtet ausführlich vom Bekenntnistag der Katholischen Jugend am DreifaltigkeitsSonntag. Ein großes Bild von fahnenschwingenden, jungen Menschen ziert die Seite. Ganz vorne, rechts im Eck, lächelt eine junge Frau in die Kamera.Theresia Eigentler war damals Anfang zwanzig. „Da war Begeisterung. Wir waren glücklich uns frei bewegen zu können, wieder frei bekennen zu dürfen“, erinnert sich die gelernte Schneiderin. Die erste Fronleichnamsprozession in Innsbruck-St. Nikolaus im Jahre 1945 – die Amerikaner filmten – war „einfach ein Erlebnis“. Die Feier des Herz-Jesu-Fes-tes war für die Jungen ein besonderes Bedürfnis. „Mit den vielen Bergfeuern war die Nordkette ein einziges Lichtermeer.“ Die Spannungen zwischen Pfarrjugend und Hitlerjugend waren endlich vorüber. Freude und Dankbarkeit sind Frau Eigentler im Gedächtnis geblieben.
Arbeit, Arbeit, Arbeit
Aufbauen und anpacken lautete der Grundtenor der Zeit: „Das Leben bestand aus Arbeit, Arbeit und wieder Arbeit. Heute lernen die Menschen zuerst zu leben. Für uns standen Arbeit und Dienst im Vordergrund“, sagt die Zeitzeugin. Bei einer 50-Stunden- Woche und 14 Tagen Urlaub im Jahr waren Heimstunden, das Sommerlager der Katholischen Jugend und Wochenenddienste beim Roten Kreuz dennoch eine Selbstverständlichkeit.
Die Lagerfahrten der Katholischen Jugend waren bescheiden. Sie gingen in die Umgebung, etwa in die Wattener Lizum. Die jungen Menschen wohnten in Baracken oder auf Reisig gebettet in Zelten. „Es war primitiv, aber die Kinder waren mit Begeisterung dabei“, sagt Theresia Eigentler.
Die große Zeit der KAJ
Die junge Frau, damals selbst Arbeiterin, half in den 50er Jahren, den weiblichen Zweig der Katholischen Arbeiterjugend aufzubauen. Anfangs versorgten die Arbeiterinnen die Burschen auf ihren Lagerfahrten als Köchinnen mit Kakao aus Trockenmilch und einfachen Gerichten. Erst später ist der Zweig für Mädchen aufgeblüht. „Es ist interessant, dass man sich gerne erinnert“, meint Frau Eigentler. Die Armseligkeit sei einem gar nicht bewusst gewesen, schließlich sei es jedem schlecht ergangen. Auch wenn nicht viel da war, habe man immer einen Weg nach vorne gefunden. Die Erleichterung über die Befreiung von der Herrschaft der Nationalsozialisten steht für Eigentler im Mittelpunkt. „Meine ganze Entwicklungszeit als Teen-ager war mit Angst verbunden.“ Ihr Bruder war im Krieg, der Vater zeitweise vermisst. An das Ende der Besatzung erinnert sie sich gerne: „Die Rede von Leopold Figl, sein Österreich ist frei, ist einem unter die Haut gegangen.“
Zur Person
Theresia Eigentler, geb. 1928, ist gelernte Schneidermeisterin. Nach dem Krieg ließ sie sich zur Mittelschullehrerin ausbilden. 40 Jahre lang, bis 2001, gab sie im Rahmen der Katholischen Frauenbewegung ehrenamtlich Nähkurse. Mit ihrem Mann Norbert lebt sie in Innsbruck. Das Ehepaar Eigentler hat eine Tochter und drei Enkelkinder.