Die Servitinnen von Nampula haben das grausame Schicksal von Kindern in Mosambik bekannt gemacht. Dennoch werden weiter verstümmelte Kinderleichen aufgefunden.
Sarima Iburamo war mit ihrer Freundin unterwegs auf den Markt. Dort wollten sie Bananen verkaufen. Als die beiden Elfjährigen von zwei jungen Männern angesprochen wurden, die alle ihre Bananen kaufen wollten. Erfreut über den Geschäftserfolg trennten sich beide. Die Freundin wollte weitere Bananen für den Markt holen, Sarima mit den beiden Fremden zu Hause den Verkauf abwickeln. An jenem 12. Oktober 2002 wurde sie jedoch nicht wieder gesehen. Als tags darauf Sarimas Leiche entdeckt wird, fehlen ihr Augen, Zunge, Eingeweide und Genitalien. „Das ist einer von mehreren Dutzend Berichten, wie ihn Sr. Juliana seit zwei Jahren in Nampula zusammengetragen hat“, berichtete P. Patrick Carroll vergangene Woche bei der Internationalen Studientagung von Missio austria. Denn das „Mater Dei“-Kloster der Servitinnen ist zum Zentrum im Kampf gegen Kinderhandel in Nampula geworden. „Dort suchen viele Rat und Unterstützung, die ihnen von der Polizei verweigert wird.“ Auch Sarimas Eltern war es so ergangen. Die Polizei drängte sie, die verstümmelte Leiche sofort zu begraben. Als die Familie eine gerichtsmedizinische Untersuchung beantragte, verlangte die Polizei dafür Geld. Und zwar so viel, dass Sarimas Eltern das nie zahlen konnten. Deshalb gab es keine polizeilichen Ermittlungen. Schon vor der umfassenden Tätigkeit der Servitinnen hatte im Jahr 2001 Doraci Edinger Alarm wegen Kinderhandel geschlagen. Wie ernst das damit verbundene Klima der Einschüchterung war, zeigte der 21. Februar 2004. Die evangelische Diakonin wurde vor ihrem Haus ermordet aufgefunden. Zwar sind seither sechs Personen wegen des Mordes an der 53-jährigen Edinger verhaftet worden, doch die Motive, die zur brutalen Bluttat geführt haben, sind bis heute ungeklärt. In dem Klima der Einschüchterung leben auch die Servitinnen. P. Carroll: „Auch heute werden die Schwestern von bedrohlich wirkenden, bewaffneten Männern verfolgt.“ Durch internationalen Druck, der seit Jänner 2004 von den Serviten organisiert wurde,vor allem auf die Regierung von Mosambik, habe sich zwar die Situation entspannt. „Aber es verschwinden immer wieder Kinder im Norden des Landes. Noch immer werden verstümmelte Kinderleichen gefunden“, berichtet Pater Patrick. Dutzende derartiger Kinderleichen wurden bereits gefunden. Was ist mit den Organen geschehen? „Zweifellos wurden einige bei traditionellen afrikanischen Ritualen in Mosambik verwendet. Und es wird vermutet, dass sie zum gleichen Zweck auch in Nachbarländer verkauft wurden. Aber es ist auch nicht unwahrscheinlich, dass Kinder lebend verkauft werden, um sie später – unter hygienischen Bedingungen – zu Organspendern zu machen. Weil dieser Handel jedoch im Geheimen stattfindet, ist er schwer nachweisbar“, beklagt P. Carroll.
3000 Kinder täglich verkauft
Hintergrund „Mosambik ist nur ein Stein im Puzzle des globalen Kinderhandels“, ist P. Patrick Carroll überzeugt. Das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen, UNICEF, hat vergangene Woche Zahlen vorgelegt, denen zufolge weltweit täglich 3000 Mädchen und Buben von Menschenhändlern verkauft werden. Die allermeisten landen in der Prostitution. Immer mehr minderjährige Opfer kommen aus osteuropäischen Ländern. So habe in Moldawien „der Menschenhandel inzwischen epidemische Ausmaße erreicht“. Für einen „Kaufpreis“ von weniger als 200 Euro landen die Kinder in den Fängen professioneller Zuhälter. Selbst in Tschechien gehört für viele Kinder im Grenzgebiet Kinderprostitution zum normalen Alltag. Dies zeigt eine Studie, die UNICEF im Juni vorgestellt hat. Demnach berichtet jedes siebte Kind in der Stadt Cheb davon, dass ihm einmal ein Erwachsener Geld für Sex angeboten habe. Und von den 844 befragten Kindern in der grenznahen Stadt gab bereits jedes Dritte an, selbst Kinderprostitution gesehen zu haben. „Es ist schockierend, dass wir es nicht einmal in Europa schaffen, Kinder vor Prostitution zu schützen“, sagt Gudrun Berger von UNICEF Österreich. Gemeinsam haben UNICEF Österreich, Deutschland und Tschechien sowie die Kinderrechtsorganisation ECPAT die Regierungen aufgefordert, die sexuelle Ausbeutung von Kindern in der Mitte Europas wirksamer zu bekämpfen.
Nampula
Stichwort
Im Norden von Mosambik gelegene Stadt mit rund 500.000 Einwohnern. Die drittgrößte Stadt des südostafrikanischen Landes ist das Handelszentrum Mosambiks. In einer Region mit Baumwoll- und Gemüseanbau lebt die Mehrheit der Bevölkerung vom Ackerbau, der zum Eigenbedarf betrieben wird. Seit Jahren verschwinden Kinder oder werden tot aufgefunden.