Erfahrungen mit dem Rosenkranz: Als Fusswallfahrerin unterwegs
Ausgabe: 2005/41, Rosenkranz, Maria Thum, Fußwallfahrten, Glaube und Leben
12.10.2005 - Maria Thum
„Mit dem Rosenkranz auf dem Weg zu sein heißt für mich, nie allein zu sein.“ Mit-Tragen zu können, Mit-Gehen zu dürfen, Mit-genommen zu werden ist ein Geschenk.
Ich kenne Menschen, die die Perlenschnur des Rosenkranzes zu ihrem täglichen Begleiter gemacht haben. Egal welche Hose, welches Sakko, welche Tasche sie tragen, sie haben ihn stets griffbereit. So wie bei mir ein kleines Kosmetiktäschchen mitwandert, ist es bei ihnen der Rosenkranz. Was sie dazu bringt? Als Zählinstrument bräuchten sie ihn ja nicht. Er muss für sie mehr sein. Wilhelm Willms bezeichnet den Rosenkranz in einem seiner Gedichte als Leitlinie für Freud und Leid. Und so etwas muss er wohl sein – jedenfalls weitaus mehr als ein rein praktischer Gegenstand.
Fußwallfahrten. Ich selbst nehme den Rosenkranz bewusst auf Fußwallfahrten mit. Für uns Osttiroler gibt es ein sehr beliebtes Wallfahrtsziel. Es ist der Wallfahrtsort Maria Luggau. Er gehört bereits zu Kärnten. Von April bis Oktober gehen täglich Frauen, Männer, Kinder und Jugendliche in einer mehrere Stunden dauernden Wanderung über den so genannten „Kofl“. Auf dieser Strecke trifft man fast immer jemanden. Mich berührt es zu erleben, wie viele Menschen ein Anliegen verspüren, mindestens einmal im Jahr nach Maria Luggau zu wallfahren. Fast alle haben den Rosenkranz mit dabei und beten laut oder leise den Rosenkranz.
Befreiend. Der Weg nach Maria Luggau hat es mir angetan. Ich bin eine begeisterte Wallfahrerin dorthin. Die ersten Stunden heißt es schwitzen und steil bergauf gehen. Alles was so in meinem Kopf herumgeistert, beginnt sich zu klären, reinigt sich. Ab dem Koflpass kommt eine lange Strecke des Abwärtsgehens. Auf diesem Weg Rosenkranz betend unterwegs zu sein, erlebe ich immer wieder neu als Geschenk. Durch das Gehen und wiederholende Beten stellt sich eine unheimliche Tiefe ein. Hier wird der Rosenkranz zu einem Raum, in dem ich beruhigt verweilen darf. Da ist mir oft ein einziger Rosenkranz zu wenig. Ich habe Sehnsucht nach mehr. Wenn beispielsweise schon vier Gesätzchen gebetet wurden, warum nicht noch ein fünftes anhängen? Dann ist der Rosenkranz vollständig. Für mich ist es wie „einen Weg weitergehen“, „einen Weg zu Ende gehen“.
Vieles geht mit. Auch mein Rucksack ist meistens voll bepackt. Nicht nur mit guter Jause. Viele Menschen und viele Anliegen sind bei jedem Gehen mit dabei. Meistens wissen jene gar nichts davon. Manchmal ergibt es sich, dass ich im Nachhinein davon erzähle, und noch jedes Mal waren die Betroffenen dankbar dafür. Dankbar, dass es da jemanden gibt, der sie mit auf den Weg nimmt, der ihr Leben, ihr Anliegen vertrauensvoll vor Gott hinlegt. Eine Frau hat mir einmal erzählt, dass sie immer wieder – selbst auf kleineren Strecken des Gehens – den Rosenkranz betet. Dadurch habe sie immer Begleiter. Diese Frau betet auch für notleidende Menschen, die sie nur aus der Zeitung kennt. Früher habe sie selbst über solch betende Menschen gelächelt, heute weiß sie aus eigener Erfahrung, dass das Rosenkranzbeten auch auf Entfernung wirkt.
Nie allein. Mit dem Rosenkranz auf dem Weg zu sein heißt für mich nie allein zu sein. Mit-Tragen zu können, Mit-Gehen zu dürfen, Mit-genommen zu werden ist Geschenk und gelebte Frohbotschaft. In Maria Luggau ist die Gottesmutter mit einem weiten, trichterförmigen Mantel dargestellt. Dieses Bild zu meditieren, macht mich unglaublich ruhig. Es weckt in mir das Vertrauen, mit Maria gut und sicher auf dem Weg zu sein.
Stichwort
Indem der Rosenkranz das Leben, das Leiden und die Herrlichkeit Jesu betrachtet, deutet er unser Leben und hebt es in das Licht des Glaubens. In der Fastenzeit und in manchen Krisen unseres Lebens lassen uns die „schmerzhaften Geheimnisse“ einen Gott erfahren, der die Schatten des Menschseins kennt und uns auch darin nahe ist.
- Der für uns Blut geschwitzt hat - Der für uns gegeißelt worden ist - Der für uns mit Dornen gekrönt worden ist - Der für uns das schwere Kreuz getragen hat - Der für uns gekreuzigt worden ist