Innerhalb von zehn Jahren hat sich die Zahl der Muslime in Österreich auf 338.000 Personen verdoppelt. Schwierigkeiten sind dabei unausweichlich: für die christentümliche Mehrheitsgesellschaft und für die Muslime selbst – wie ein Blick auf die islamischen Institutionen in Oberösterreich zeigt.
Rechtlich ist alles klar geregelt: Die islamische Glaubengemeinschaft mit ihrem Vorsitzenden Anas Schakfeh ist die offizielle Vertretung aller Muslime des Landes, Ansprechpartnerin des Staates und für die Organisation des islamischen Religionsunterrichts zuständig. Doch unter dem Dach der Glaubensgemeinschaft muss eine Vielzahl von Gruppen Platz haben. Allein schon, was die Sprachen betrifft. Die 55.581 Muslime Oberösterreichs stammen in ihrer Mehrheit aus den Ländern Ex-Yugoslawiens und der Türkei, dazu kommen die arabisch- und deutschsprachigen muslimischen Vereine.
„Gastarbeiter“ aus der Türkei. Durch den Zuzug tausender türkischer Arbeiter entstand 1974 das erste islamische Gebetshaus in Linz, seither wurden in Oberösterreich an die 25 türkischsprachigen Kulturzentren mit Gebetsräumen gegründet – aufgespalten in fünf Richtungen, die sich durch religiöse Praxis und Stellung zur Politik in der Türkei deutlich unterscheiden. Kann man nicht einmal die Zahl der Gebetsräume genau angeben, weil auch kleinere Gemeinschaften dazugehören, die an der Grenze zu privaten Treffen sind, bewegt man sich bei Mitgliederzahlen, die aussagekräftig wären, ebenfalls im Bereich der Schätzungen. Auch bei den anderen Gruppen: Neben einer arabischsprachigen Moschee in Linz gibt es noch die Moschee der islamischen Glaubensgemeinschaft Oberösterreichs (IGG OÖ) und oberösterreichweit mindestens vier Gebetsräume des bosnisch islamischen Dachverbands.
Vielfalt. Für Senad Podojak, den Vorsitzenden der IGG OÖ und Salzburg ist es keine einfache Aufgabe, alle Gruppen auch nur im Gespräch zu halten. Doch in den Moschevereinen kommen zunehmend mehr Funktionäre der zweiten und dritten Generation zum Zug, die sich als Teil der österreichischen Gesellschaft verstehen. Sie sehen in einem gemeinsamen Auftreten ein hohen Wert.
Der Islam und die Diözese Linz
Die Plattforn Islam, eine Gruppe Muslime mit österreichischer Identität, bedankt sich ausdrücklich für das Engagement der Diözese Linz: „In der intensiven Zusammearbeit im Zeichen des Dialogs verwircklicht die Diözese das Gebot der Nächstenliebe. Besonderer Dank gilt Dr. Stefan Schlager (von der theologsichen Erwachenenenbildung der Diözese).
Zur Sache
Islamischer Religionsunterricht
Was im Großteil Europas erst diskutiert wird, ist in Österreich eine Selbstverständlichkeit: der islamische Religionsunterricht. Von den 126.930 Pflichtschülern Oberösterreichs sind 12.726 Muslime. Rund die Hälfte von ihnen besucht den islamischen Religionsunterricht. Diese im Vergleich zum katholischen Religionsunterreicht relativ niedrige Beteiligung hängt mit der unterschiedlichen Herkunft, Kultur und religiösen Traditionen der muslimischen Familien zusammen. An den Höheren Schulen werden in OÖ 233 muslimische Schüler/innen unterrichtet. 47 Lehrer/innen (sechs davon in Karenz) geben Religionsunter-richt.
Modernsierung des Unterrichts. Die muslimische Gemeinschaft legt zurzeit einen Schwerpunkt in die Erneuerung des Religionsunterrichts: So wird an der Herausgabe neuer Schulbücher gearbeitet, die didaktisch auf der Höhe der Zeit sind, und ein neuer Lehrplan wird erstellt. Mit Senad Podojak wurde zu Schulbeginn 2005/2006 erstmals auch ein eigener Fachinspektor für den islamischen Religionsunterricht in Oberösterreich bestellt. Die Unterrichtssprache im islamsichen Religionsunterricht ist selbstverständlich Deutsch, betont Landeschulratspräsident Fritz Enzenhofer und er erwartet sich, dass die Religionslehrer ihren Beitrag zur Integration in der Schule leisten.