Obwohl Missstände und Übergriffe angeblich rückläufig sind, häufen sich beim Bundesheer die Beschwerden. Soldaten sehen darin keinen Widerspruch.654 Beschwerden, um 40 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Die nackten Zahlen des Jahresberichtes 2005 der Bundesheer-Beschwerdekommission werfen kein gutes Licht auf die österreichische Armee. Aus dem Fundus des Katalogs: Beschimpfungen, mangelhafte Unterkünfte, sexuelle Belästigung von Soldatinnen.
Sorgen um das Geld. Angesichts der Zahlen beschwichtigt Oberst Alexander Barthou, Leiter der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit in Oberösterreich. Ein überwiegender Teil der Beschwerden betreffe Ungereimtheiten mit der Besoldung und bauliche Mängel. Verbale und körperliche Übergriffe seien eher rückläufig. Auswüchse gebe es leider immer wieder, aber, „jeder Fall, der uns bekannt ist, wird bei feststellbaren Gründen geahndet“, versichert der Militärkommandant von Oberösterreich, Generalmajor Kurt Raffetseder.
Mutiger und mündiger. „Die Leute sind mündiger geworden, sie trauen sich, Missstände aufzudecken“, vermutet Wachtmeister Barbara Gapp von der Hiller-Kaserne in Linz-Ebelsberg. Die Rekruten würden informiert, wo sie sich beschweren können. „Wir drücken ihnen Karterl mit der Telefonnummer in die Hand.“ Den Umgang mit weiblichen Rekruten sieht Gapp unproblematisch. „Ich habe in vier Jahren persönlich nichts Negatives erlebt, es ist auch noch nie jemand zu mir gekommen“, sagt die Betreuerin der 21 weiblichen Soldatinnen in Oberösterreich. „Manchmal haben sie einen schon auf der Muckn“, schikaniert werde man aber kaum, sagt Sebastian Achatz, Rekrut im Fliegerhorst Hörsching. Essen und Unterkunft seien bestenfalls mittelmäßig, aber: „Wir sind halt in keinem Hotel!“ Dass sich viele an die Beschwerdekommission wenden, versteht Soldatenvertreter Andreas Ströbitzer nicht. „Das meiste lässt sich im Gespräch mit den Kommandanten regeln“, meint er.