Warum sollen ein Bergseil oder ausgetretene Schuhe „heilig“ sein? In einer Ausstellung verbanden Jugendliche diese Dinge des Alltags mit ihren tiefen persönlichen Erfahrungen. Was Jugendlichen „heilig“ ist, muss etwas mit ihrem Leben zu tun haben. Das gilt auch für den Glauben.
P. GERT SMETANIG
„Was ist Jugendlichen heilig?“ lautete einmal die Frage im Vorfeld des Aachener Katholikentages. Und so wurden junge Leute eingeladen, Gegenstände zur Verfügung zu stellen und schriftlich zu erläutern, warum sie ausgerechnet das als „heilig“ empfinden. Aus den Gegenständen wurde dann eine Ausstellung gestaltet, die unter dem Titel „Was Jugendlichen heute heilig ist“ doch höchst interessante Dinge hervorholte. Da fand man ein Bergsteigerseil mit der Erklärung, dass aufgrund vieler Erlebnisse dieses Seil für Vertrauen, Verlässlichkeit, Sicherheit steht. Da gab es richtig abgelaufene und kaputte Turnschuhe, die einem Jugendlichen heilig waren, weil er mit ihnen so viele Wege und Situationen durchgestanden hatte, die ihn an viele Wege erinnerten, die er unsicher begann und die dennoch weiterführten. Es lag dort ein zusammengebundenes Bündel mit unzähligen Briefen. Im beigefügten Text wurde der Jugendliche deutlich: es waren Liebesbriefe, die er alle mehrfach gelesen, ja durchlebt hatte. Sie er- innerten ihn an Zuneigung und seine umfangreichen Gefühle, die er nicht missen möchte. Und so wurden noch manche Gegenstände ausgestellt, die auf den ersten Blick Verwunderung hervorriefen, dann aber nach dem Lesen der Texte Erstaunen bei vielen auslösten.
Eine Provokation? Natürlich provozierte eine solche Ausstellung viele Menschen. Konnte man so etwas „heilig“ nennen, was dort zu sehen war? Das ging manchen Betrachtern doch zu weit. Aber dennoch: die Jugendlichen hatten verstanden, was ihnen heilig ist. Sie stellten die Verbindung her zwischen alltäglichen Dingen und ihren persönlichen tiefen Erfahrungen.
Eine Hitliste. In einer Religionsstunde am Don-Bosco-Gymnasium in Unterwaltersdorf fragte ich vor einigen Wochen Schüler, was ihnen heilig ist. Die Ergebnisse wurden in einer „Hitliste“ zusammengefasst:
Familie (als die, die für mich da sind) Freunde/Freundinnen (denen ich vertrauen kann, mit denen ich über alles sprechen und Spaß haben kann) Gegenstände (Computer, Telefon/Handy, Play-Station) Werte (Zuverlässigkeit, Gesundheit, Liebe, Freundschaft) Religiöses (Gott, Beten, Kirche) freie Zeit (Abschalten, frei sein, Hobbys) Orte (das eigene Zimmer, Jugendzentrum) Tiere (denen ich alles sagen kann, mit denen ich spielen kann) Mein Leben Im Übrigen: Wie würde Ihre Hitliste aussehen? Versuchen Sie es einmal. Man kann das auch in der Familie (jeder für sich) bzw. mit den Enkelkindern machen und sich dann darüber austauschen. Es geht dabei nicht nur um die Liste, sondern auch um das „Warum“.
P. Mag. Gert Smetanig (35) ist Salesianer Don Boscos. Als Religionslehrer und Leiter von Orientierungstagen hat er viel Kontakt zur Jugend.
Gedanken
Das wertvollsteGeschenk
Einst hörte der König, vor den Toren seiner Stadt solle ein weiser Mann leben, der große Dinge tue. Dem schickte er einen kostbaren Edelstein und ließ ihm sagen: „Es heißt, Gott hätte dich reich bedacht; so wird es dir ein Leichtes sein, meinen Knecht reicher beschenkt zu mir, deinem König, zurückzusenden, als ich ihn zu dir sandte.“ Der Knecht kam zurück, mit leeren Händen und sprach nur ein Gebet, das der Weise ihn gelehrt hatte. Zornig schickte der König abermals Knechte hinaus und ließ den Weisen zu sich rufen: „Habe ich dir nicht meinen größten Schatz gesandt, und du speist mich ab mit leerem Geschwätz?“ Der Weise aber sprach: „Entscheide selbst, was wertvoller ist: Du hast mir etwas geschickt, das ich behüten muss – ich aber sandte dir etwas, das dich behüten wird.“