Generalvikar DDr. Severin Lederhilger (rechts) mit Dr. Martin Füreder, der in der Personalstelle für die Preister zuständig ist. KIZ/MF
Pfarren sprengen ihre Grenzen – zugunsten der Menschen, die Kirche trotz des Priestermangels im vollen Sinne des Wortes erleben sollen.
Matthäus Fellinger
„Das ist alles sehr kompliziert!“ Diesem geflügelten Wort aus der Politik werden der Generalvikar der Diözese Linz DDr. Severin Lederhilger und der für den Klerus Beauftragte Dr. Martin Füreder nachfühlen können. Zum ersten Mal haben sie für die Nachbesetzung der freier Seelsorgeposten Lösungen finden müssen. Für das kommende Jahr scheint dies fast gelungen. Nur: Die Situation gestaltet sich von Jahr zu Jahr schwieriger. „Uns fehlen die Kapläne, die als Pfarrer nachrücken könnten“, sagt Füreder. „Es ist nicht mehr so, dass wir bei einer ausgeschriebenen Stelle aus mehreren Bewerbungen den geeigneten Kandidaten aussuchen können“, gibt Generalvikar Lederhilger zu Bedenken. Für jede einzelne Pfarre oder immer häufiger auch für zwei oder drei Pfarren zusammen muss eine neue Seelsorgelösung gefunden werden.
Seelsorgsräume bewährten sich. Die in der Diözese Linz schon vor Jahren getroffenen Strukturveränderungen bewähren sich jetzt. Die Dekanate wurden in Seelsorgräume untergliedert. Mehrere Pfarren werden bei der Zuteilung der hauptamtlichen Seelsorger – Priester, Pfarr- oder Pastoralassistenten sowie Diakone – zusammen gesehen, wobei auch Alter und Gesundheit der Seelsorger mit zu berücksichtigen sind. Die Grundeinheit der Seelsorge bleibt die eigenständige Pfarre. Einander zugeordneten Pfarren sind aufgefordert, in einzelnen Seelsorgebereichen partnerschaftlich zu kooperieren, besonders wenn einzelne Seelsorger für zwei bis drei Pfarren eine gemeinsame Zuständigkeit erhalten. Drei bisherige Kapläne treten heuer ihren ersten Pfarrerposten an. Rund 20 Pfarren müssen sich neu ihren Seelsorger mit einer anderen Pfarre teilen. Rund ein Drittel der oberösterreichischen Pfarren haben ihren Seelsorger mit einer andren Pfarre zusammen.
Keine Luftschlösser. Für diese Pfarren braucht es ein wohl überlegte Konzept der Zusammenarbeit. Keine Pfarre soll sich als „Zweitpfarre“ fühlen, es haben vielmehr „zwei Pfarren gemeinsam einen Seelsorger“, deutet Lederhilger den Kern der Veränderungen an. „Wir müssen mit dem zurechtkommen was wir haben“, meint er, denn „auf Luftschlössern kann man Seelsorge nicht bauen“.Funktionieren kann das, wenn Ehrenamtliche für Aufgaben und Projekte gewonnen werden. Eine Hauptaufgabe der Seelsorger wird in der Vernetzung vieler Kräfte in einem Seelsorgebereich bestehen. Die Priester selbst sollen für die Menschen in ihrem Seelsorgebereich wahrnehmbar bleiben. Es muss künftig, sagt Lederhilger, nicht in jeder Pfarre alles geben. Eine gewisse Entlastung wird notwendig sein.Eine Unterstützung gibt es immer wieder auch durch ausländische Priester. Übernommen werden Seelsorger, die sich entsprechend auf die Kirche in Oberösterreich einlassen. Auf die Begleitung dieser Seelsorger wird entsprechend wert geleitet.
Zum Thema
Eine Epoche des Umbruchs
117 von 487 oberösterreichische Pfarren hatten Ende 2005 keinen eigenen Pfarrer am Ort wohnhaft. Im kommenden Arbeitsjahr 2006/07 werden dies voraussichtlich 20 Pfarren mehr sein. Betroffen ist allerdings die doppelte Anzahl an Pfarren. „Zwei Pfarren haben einen Seelsorger gemeinsam“, lautet für Generalvikar Severin Lederhilger die Formel. Nicht „mitbetreut“, sondern „gemeinsam betreut“ sind diese Pfarren. Rund 100 Pfarren in Oberösterreich zählen unter 1000 Katholiken/innen. Dazu kommen rund 500 Filialkirchen, um die sich oft ein reges seelsorgliches Leben entwickelt hat. Pfarren sollen bestehen bleiben – das war ein Grundsatz der Diözese, den man auch nicht antasten will, es sei denn, meint Lederhilger, ein entsprechender Wunsch käme von solchen Pfarren selber. Als Mindeststruktur in einer Pfarre muss ein eigenständiger Pfarrgemeinderat vorhanden sein. Über einzelne Ausschüsse kann und soll dabei allerdings im Seelsorgebereich zusammen gearbeitet werden. Am 18. März 2007 werden die Pfarrgemeinderäte neu gewählt. Die neuen Pfarrgemeinderäte werden eine Epoche des Umbruchs in der Kirche von Oberösterreichs mitgestalten.