Eine Ordensfrau managt als Wirtschaftsleiterin ein Männerkloster. Das ist vermutlich weltweit einzigartig, aber Sr. Bernadette Schwarz findet nichts Besonderes daran, lächelt und sagt: „Ich mach das gerne“.
Josef Wallner
Eine Fügung – wie Sr. Bernadette es nennt – hat sie 1999 nach Jerusalem geführt. Nachdem sie mehr als zwei Jahrzehnte Ökonomin der Kreuzschwesternprovinz Oberösterreich und Salzburg war, ging sie zum Sprachstudium nach London. Dort erreichte sie der Anruf eines ihr unbekannten Benediktinermönchs. Benedikt Lindemann war zum Abt des Klosters Hagia Maria Sion in Jerusalem ernannt worden und suchte eine Prokuratorin.
Wirtschaftlich auf eigenen Füßen. Sr. Bernadette übernahm das Kloster in wirtschaftlich schwieriger Situation und als sie sich einen ersten Überblick verschafft hatte, wurde die Lage noch schlimmer. Die Intifada – der Aufstand der Palästinenser im September 2000 – brachte für mehrere Jahre die Pilgerfahrten und die Haupteinnahme der Abtei zum Erliegen: den Verkauf von Andenken. „Wir mussten wirklich sparen, aber wir haben auch viel Hilfe erhalten, zum Beispiel von meiner Ordensgemeinschaft, den Kreuzschwestern in Linz“, erinnert sie sich an die harten Jahre: „Momentan kann sich die Abtei selbst erhalten.“ Man spürt die Freude, die in diesem einen kurzen Satz der Prokuratorin steckt und man ahnt gleichzeitig ein wenig von der harten Arbeit, die dazu geführt hat. Der Abtei gehören 22 Mönche an, zwölf Mitarbeiter sind beschäftigt und einige Volontärinnen. „Momentan stehen wir auf eigenen Füßen“, wiederholt Sr. Bernadette mit Nachdruck und hofft, dass die Anzahl der Pilger weiterhin so hoch bleibt: „Ich bin hoffnungsvoll, aber auch Realistin: Es könnte Morgen oder Übermorgen wieder anders werden.“
Nahe an der Stätte der Kreuzigung. „Seit ich hier bin, erlebe ich immer tiefer, dass Jerusalem und meine Berufung als Kreuzschwester zusammengehören“, sagt Sr. Bernadette über die Spiritualität ihres Ordens. Oft geht sie in die nur zehn Minuten entfernte Grabeskirche: „Es ist beeindruckend und bereichernd, dem Ort von Kreuzigung und Auferstehung so nahe sein zu dürfen.“
Hintergrund
Kreuzschwestern
Für die Kreuzschwestern – mit vollem Namen heißen sie Barmherzige Schwestern vom heiligen Kreuz – ist 2006 ein Jubiläumsjahr. Vor 150 Jahren wurde die Kongregation in Ingenbohl (Schweiz) gegründet. Der Provinz OÖ und Salzburg gehören 285 Schwestern an. Bekannt sind die Kreuzschwestern in Oberösterreich unter anderem durch ihre Schulzentren und das Klinikum Wels, Österreichs größtes Ordensspital .
- Die KirchenZeitung stellt mit Sr. Bernadette Schwarz eine oberösterreichische Kreuzschwester vor, die außerhalb ihrer Provinz arbeitet.
- Die nächste Veranstaltung im Jubiläumsjahr der Kreuzschwestern findet am 9. Juni 2006 (Lange Nacht der Kirchen) statt: siehe Seite 28