Prof. Hans Hollerweger aus Linz bereiste eine Woche lang den Norden Iraks
Ausgabe: 2006/27, Irak, Hollerweger, Erdölfeld, Sako, Hilfe
04.07.2006
- Kirchenzeitung der Diözese Linz
Auf den Erdölfeldern von Kirkuk. Das schwarze Gold hat in der Region Kirkuk einen beachtlichen Bauboom ausgelöst. Die Bewohner hoffen, dass mit der Wirtschaft auch ein stabiler Staat wächst. Zum Dank für alle Hilfe überreicht Erzbischof Louis Sako Prof. Hans Hollerweger (links oben) ein Brustkreuz. Fotos: Hollerweger (Erdölfeld) und ICO
Täglich ist in den Medien von Kämpfen, Anschlägen und Toten die Rede – doch es gibt auch einen „anderen“ Irak. Der emeritierte Linzer Liturgiewissenschaftler Hans Hollerweger besuchte seinen Freund Louis Sako, den Erzbischof der Erdölstadt Kirkuk.
JOSEF WALLNER
Seit Jahren unterstützt Hans Hollerweger mit seiner Initiative Christlicher Orient (ICO) finanziell die Arbeit des chaldäisch-katholischen Erzbischofs Louis Sako. Doch ebenso wichtig wie Geld ist für die kleine Schar der Christen in der 500.000-Einwohnerstadt Kirkuk ein Besuch. Lediglich drei Pfarreien mit 6.500 Gläubigen zählt die Diözese von Erzbischof Sako, etwa doppelt so viele Christen anderer Konfessionen leben in der Stadt. „Ich bin weder ein Held noch verantwortungslos“, wehrt Hollerweger lächelnd ab: „Ich bin in den Irak gefahren, weil Bischof Sako mich mehrmals eindringlich gebeten hat.“ Nach acht Jahren Krieg mit dem Iran, nach dreizehn Jahren Embargo, nach mehr als zwei Jahrzehnten Saddam Hussein, nach dem neuerlichen Krieg sei die christliche Minderheit ausgelaugt. Viele Christen sind in die USA ausgewandert. Ein Besuch bedeutet eine Stärkung der Menschen vor Ort, so der 76-jährige „Father Hans“, wie ihn seine Bekannten im Orient nennen. Er lernte die vielfältigen Aktivitäten der Diözese kennen und traf sich mit Jugendlichen im Computerclub, den die ICO eingerichtet hat.
Unerschwingliche Hochzeiten
Höhepunkt der Begegnungen war ein Abend mit einem Dutzend junger Ehepaare. Vor allem die Männer waren glücklich, die Person zu treffen, die ihnen die Heirat ermöglicht hatte. Ein ungewöhnlicher Job für Priester, aber es war wichtig, schmunzelt Hollerweger. In der traditionellen arabischen Gesellschaft müssen die Männer für die Kosten der Hochzeit aufkommen. Ein inzwischen glücklicher Ehemann erzählt: „Zwei Jahre habe ich hart gearbeitet, konnte aber nicht mehr als 300 Dollar sparen. Die Heirat wäre für mich auf Jahre hinaus ein unerfüllbarer Wunsch geblieben – hätte mir und anderen nicht Father Hans geholfen.“
„Relative“ Ruhe ist kein Friede
Während der Woche im Irak fühlte sich Prof. Hollerweger nicht ein einziges Mal gefährdet. In das autonome Kurdengebiet im Nordosten des Landes kommen bereits wieder Touristen – aus den Golfstaaten und aus dem Süden des Irak. Und Hollerweger beginnt von der felszerklüfteten Landschaft mit den tief eingeschnittenen Flußtälern zu schwärmen: „Das ist das wilde Kurdistan des Karl May.“ In der Stadt Kirkuk, die nur 250 Kilometer, von Bagdad entfernt ist, war natürlich Vorsicht angesagt: Er ging nicht allein durch die Stadt und knipste bei Besichtigungen seine Fotos vom Auto aus. Man ist in Kirkuk nicht in einer umkämpften Stadt, aber mehrmals im Jahr kommt es doch zu Anschlägen. Trotz allem wird enorm viel gebaut – und noch mehr im Kurdengebiet. Bei den täglichen, schrecklichen Medienberichten war das für den Besucher aus Linz doch überraschend. Die Menschen setzen sich mit aller Kraft für den wirtschaftlichen Aufbau ein. Hollerweger bleibt aber Realist: „Wohin der Weg des Irak geht – in Ruhe oder Chaos, das ist offen.“