Seit 1981, als das „Übergangsheim Kaisergasse“ von pro mente in Linz eröffnet wurde, haben hier mehr als 670 Menschen gewohnt. Das „Heim“ wurde 1994 zum „Haus“ mit Wohngruppen. Das Ziel blieb gleich: Menschen in schwierigen psychischen und sozialen Situationen zu unterstützen.
ERNST GANSINGER
„Die Zeit im Übergangshaus machte mich zwar nicht gesund, aber mein Leben ist sicher wieder etwas lebenswerter geworden“, wird ein Bewohner in der Broschüre zum heurigen 25-Jahr-Jubiläum der „Kaisergasse“ zitiert. Ähnlich drückt es Herr Josef* gegenüber der KirchenZeitung aus: „Mir hat’s persönlich etwas gebracht.“ Er hat von Mai 2005 bis Juni 2006 in der Kaisergasse gewohnt. Nun konnte er in eine betreute Wohngemeinschaft von pro mente übersiedeln. Die Kaisergasse hat ihn aufgefangen, als er wegen seiner psychischen Erkrankung nach 25 Jahren seinen Arbeitsplatz und damit auch seine Wohnmöglichkeit verloren hat.
Zurück zum Leben finden. Das Übergangshaus Kaisergasse unterstützt Menschen mit psychischen und sozialen Beeinträchtigungen, „wieder zu einem zufriedenstellenden Leben zurückzufinden“, erläutert der Obmann von pro mente Oberösterreich, Univ.-Doz. Primar Dr. Werner Schöny. Der Aufenthalt ist, wie der Leiter des Hauses, Georg Peneder erklärt, grundsätzlich auf ein Jahr begrenzt. Begründete Verlängerungen sind möglich. Die 16 Bewohner/innen leben in Einzelzimmern und führen in Wohngruppen einen gemeinschaftlichen Haushalt. So ist das Übergangshaus Lernfeld zur Bewältigung des Alltags im geschützten Umfeld des Hauses. Drei Frauen und vier Männer aus psychosozialen Grundberufen unterstützen die Bewohner/innen, dass sie wieder stabil werden, sich neu orientieren können, gesundheitlich erstarken und selbstständig werden.
Spielregeln gehören zum Leben. Herr Josef ist Frühaufsteher. Er hat den Tag im Übergangshaus gewöhnlich früher als die anderen begonnen und die Zeit etwa zum Putzen genutzt oder im Winter zum Schneeschaufeln. Um 9 Uhr aber mussten alle aufgestanden sein. „Verbote, Putzdienste, jeden Tag um 9 Uhr aufstehen – die ständige Kontrolle regt mich auf!“ – wird in der eingangs schon erwähnten Broschüre ein Mitbewohner zitiert. Spielregeln gehören zum Leben. Und das Aushalten von Spielregeln gehört zum Einüben vom Leben auf eigenen Füßen. Die Gruppe wird zum Lernfeld.
*) Der Name wurde von der Redaktion geändert.
Statistisches zur Kaisergasse
Fast zwei Drittel der Bewohner/innen des Übergangshauses Kaisergasse seit 1981 sind Männer, etwas mehr als ein Drittel Frauen. Die Hälfte der Bewohner/innen hatten das Krankheitsbild Schizophrenie bzw. psychotische Störungen und etwas mehr als ein Fünftel affektive Störungen (Manie, Depression). Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer beträgt 8,2 Monate.
Zur Sache
Wohnen im Übergangshaus
„Die Ziele der Bewerber sind für uns Betreuungsauftrag“, sagt der Leiter des Übergangshauses Kaisergasse in Linz Georg Peneder. Ab Betreuungsbeginn werden die Bewohner/innen von Bezugsbetreuer/innen bei der Umsetzung der notwendigen Schritte für die Gesundung und Verbesserung der Lebensqualität begleitet. Der Aufbau einer tragfähigen Beziehung ist dafür wichtig. Bewohner/in und Betreuer/in bilden ein Arbeitsteam. Vor der Aufnahme ist ein Bewerbungsgespräch vorgesehen. Durchschnittlich ist ab der Zusage, aufgenommen zu werden, mit einer Wartezeit von einem halben Jahr zu rechnen. In dieser Zeit hat der künftige Bewohner/die künftige Bewohnerin schon eine vorläufige Bezugsperson aus dem Betreuerstab.
Seit 1997 liegen dem Team der Kaisergasse 113 schriftliche Rückmeldungen (ausgefüllte Fragebögen) von Hausabgängerinnen und -abgängern vor. Aus diesen geht hervor, dass die Hälfte der Bewohner/innen mit der Wohnsituation sehr zufrieden waren und 43 Prozent zufrieden. Ähnlich gut bewerteten die Bewohner/innen auch die Betreuung. Nicht ganz so hochgelobt wurden Hausordnung, Hausregeln und Mitbestimmung – aber auch hier sagen immerhin vier von fünf, sehr zufrieden oder zufrieden gewesen zu sein.