Ausgabe: 2006/37, Müller, Kopf der Woche, Polizei, Polizeiseelsorge,
13.09.2006
Randalierende Ehemänner, Verkehrstote, gewaltbereite Fußballfans – womit Polizist/innen im Laufe ihrer Arbeit konfrontiert werden, ist oft schwer zu „verdauen“. Polizeiseelsorger sind wichtige Gesprächspartner.
HANS BAUMGARTNER
Vergangenen Montag feierte die Polizeiseelsorge in Österreich ihr zehnjähriges Bestehen. Die Initiative dazu ging vom „Fußvolk“ in der Polizei aus. „Da gab es einige engagierte Leute, die es vermissten, dass es für Exekutivbeamte, die oft schwierige Grenzsituationen erleben, keine seelsorglichen Ansprechpartner gibt, die sich in dem Bereich auch auskennen“, erinnert sich Martin Müller. Der damalige Pfarrer von Gablitz musste als erster Polizeiseelsorger „ins kalte Wasser“ springen. „Am Anfang wussten viele nicht so recht etwas mit mir anzufangen. Ich war wohl so etwas wie eine ,Versicherung‘ – es ist gut, wenn man für den Fall der Fälle eine hat, aber es ist noch besser, wenn man sie nicht braucht.“ Heute gibt es in allen Diözesen – außer Graz – Priester und Diakone, die, meist nebenamtlich, mit der Polizeiseelsorge betraut sind. Die Zusammenarbeit mit den Polizeidienststellen ist durchwegs sehr gut.
Nachgehen. Die Polizeiseelsorge ist in erster Linie eine Besuchspastoral, sagt Müller. „Wenn man Beamte an ihren Dienststellen besucht, lernt man sie und ihre oft schwierige Arbeit kennen, man zeigt ihnen damit Wertschätzung und ermöglicht Vertrauen. Gerade das aber ist wichtig, wenn es ums ,Eingemachte‘ geht, wenn Beamte etwas existenziell Bedrückendes ansprechen und loswerden wollen.“ Das habe teilweise direkt mit ihrer Arbeit zu tun, oft aber gehe es auch um Beziehungsprobleme. Durch den Dienst komme es oft zu Schwierigkeiten in der Partnerschaft.
MAG. MARTIN MÜLLER:„Polizeibeamte sind häufig mit schwierigen Situationen konfrontiert. Sie erleben Gewalt und müssen Gewalt anwenden, sie erleben menschliche Tragödien und extrem belastende Einsätze. Um das aufzuarbeiten, ist nicht nur Psychologie, sondern auch Seelsorge gefragt.“