Pflegekinder haben leibliche Eltern, bei denen sie nicht wohnen können oder dürfen. Und sie haben Pflegeeltern, die sich in der Zeit bis zu einer möglichen Rückführung um ihr Wohlergehen kümmern. Elternbesuche müssen daher gut organisiert sein.
Andrea Lehner aus Liebenau ist angestellte Pflegemutter beim Verein Pflege- und Adoptiveltern OÖ. Seit 1998 betreut sie gemeinsam mit ihrem Mann den zehnjährigen Kevin und seinen achtjährigen Bruder Dragan. „Mit den zwei Buben leben wir wie jede andere normale Familie auch. Mittlerweile wurde uns vom Pflegschaftsgericht sogar die volle Obsorge übertragen und der Familienname der Kinder wurde auf ihren Wunsch in Lehner geändert“, erzählt die Pflegemutter sichtlich stolz. Kontakt mit den leiblichen Eltern ist nicht immer möglich. Zu der Herkunftsfamilie der beiden Brüder gibt es nur Brief–kontakt mit der Großmutter väterlicherseits. „Der leibliche Vater ist verstorben und zur Mutter gibt es überhaupt keine Verbindung“, schildert Frau Lehner die aktuelle Situation. Sie berichtet weiter: „Mit den Kindern reden wir sehr offen über ihre leiblichen Eltern und warum sie dort nicht mehr leben konnten. Diesen offenen Umgang mit der Wahrheit halte ich für die Persönlichkeitsentwicklung der Kinder sehr wichtig.“
Verlass dich auf mich – was du für dein Kind tun würdest, mache ich für dich. Anders als bei den Buben verhielt es sich mit dem dritten Pflegekind, einem zweijährigen Mädchen. Hier gab es regelmäßigen Kontakt zur Mutter, auf den Frau Lehner die Kleine schon Tage vorher darauf vorbereitete: „Ich habe mit ihr darüber gesprochen, was sie mit ihrer Mama machen wird, und ihr so den Besuch schöngeredet. Eigentlich hat sie sich immer auf den Besuchstag gefreut.“ Alle zwei Wochen brachte Frau Lehner das Mädchen für zwei Stunden zur Mutter nach Freistadt. „Diese Fahrten machte ich freiwillig, weil die Mutter selbst kein Auto hatte. Das war zwar sehr zeitaufwändig und nicht immer leicht für mich, aber die Kleine sollte ja Kontakt zur Mutter haben“, schildert Frau Lehner ihr Bemühen um ein gutes Verhältnis zur leiblichen Mutter. „Der Mutter habe ich außerdem versprochen, so für ihr Kind zu sorgen, wie sie es selbst auch machen würde.“ Überraschend schnell und völlig unerwartet wurde das Kind zur Mutter rückgeführt. Für Frau Lehner war das ein Schock: „Zwar haben wir uns für die Kleine gefreut, aber der Vorfall hat in unserer Familie eine große Traurigkeit hinterlassen. Deshalb haben wir entschieden, kein weiteres Pflegekind mehr zu nehmen.“
Zur Sache
Der Verein Pflege- und Adoptiveltern OÖ veranstaltet im Rahmen der Fachtagung „Pflege und Adoption 2006“ für alle Interessierten einen Vortrag mit dem bekannten Familientherapeuten Dr. Hermann Scheuerer-Englisch zum Thema „Pflegekinder: Lebenskünstler zwischen zwei Welten“ zur Information über Besuchskontakte und Rückführungen.u Donnerstag, 12. Oktober, 19 bis 22 Uhr, Volkshaus Ferdinand-Markl-Straße 4, 4040 Linz. Info: DSA Helga Stadlbauer, Verein Pflege- und Adoptiveltern OÖ, Tel. 0732/60 66 65-15.