Von einem Auftritt zum nächsten, zwischen Linz, Wien und Berlin unterwegs: So sieht das Leben von Birgit Minichmayr zur Zeit aus. Auf dem Weg von Linz nach Wien hat die KirchenZeitung die Schauspielerin im Zug begleitet.
Wie gehen Sie mit dem Thema Sterben und Tod um? Minichmayr: Ich habe den Eindruck, man redet immer erst dann darüber, wenn der Tod bereits eingetreten ist. Ich finde, der Tod gehört zum Leben dazu. Dass wir einmal nicht mehr da sind, der Gedanke ist für manche Menschen furchtbar, für mich nicht. Ich kann nur sagen: Ich liebe das Leben. Aber ich wünsch mir, wenn der Tod kommt, dass ich ihn spüre. Ich denke, dass der Mensch fähig ist, anders in den Tod zu gehen als durch eine Krankheit oder einen Unfall. Ich glaube, dass wir uns z. B. eine Krankheit nicht antun müssten, wenn wir anders mit dem Tod und Sterblichkeit umgehen würden.
Was bedeutet es, die Endlichkeit unseres Daseins im Alltag zu leben? Minichmayr: Endlichkeit heißt auch zu wissen, dass man nichts mitnehmen kann, nichts besitzen kann. Da meine ich auch den Besitzanspruch in der Liebe. Der Spruch „Hold on tightly, let go lightly“ klingt zwar wie ein Spruch für das Stammbuch, aber er drückt etwas Wesentliches aus: Ich glaube, erst wenn man losgelassen hat, wenn man nichts mehr besitzen will, dass man da wirklich lebt. Ich kann nur behalten, was ich auch loslassen kann. Aber das ist schwierig genug zu leben.
Körper, Geist und Seele sind nach christlicher Sicht eine Einheit. Wie sehen Sie das? Minichmayr: Körper, Geist und Seele funktionieren nur miteinander. Über den Körper wird sehr viel über uns sichtbar. Mir ist eine ganzheitliche Sichtweise wichtig, alles hängt miteinander zusammen, eine Trennung von Körper und Seele kann ich mir nicht vorstellen. Ich glaube nicht, dass unsere Seele verloren geht. Ich merke, dass ich auf der Suche bin, ohne dass ich gleich ein Ergebnis haben oder was Bestimmtes herausfinden möchte.
Was bedeutet Religion und Glaube für Sie? Minichmayr: Also ab einem gewissen Alter habe ich eine bestimmte Art von Glauben sehr in Frage gestellt, besonders in der Zeit, als ich in der Unterstufe die Schule der Kreuzschwestern besucht habe. Aber ich habe den Glauben grundsätzlich nicht in Frage gestellt. Für mich ist der Glaube immer ein ganz großer Antrieb. Glaube hat für mich viel mit Leidenschaft und Offenheit zu tun.
Wie haben Sie Kirche in Ihrer Kindheit erlebt, wie nehmen Sie Kirche heute wahr? Minichmayr: Dieses Schuld- und Sühne-Verständnis, wie ich es früher erlebt habe, finde ich neurotisch. Kirche könnte dem Menschen Lebenshilfe bieten, aber ich habe den Eindruck, sie kann das oft nicht mehr, weil sie zu weit weg von den Menschen ist. Aber ich bin heute dankbar, dass ich in meiner Schulzeit den Glauben kennengelernt habe, mich damit auseinandersetzen konnte. Kirche habe ich in meiner Kindheit als wichtigen Versammlungsort für alle aus dem Dorf erlebt. Hier ist viel an Austausch und Begegnung passiert, Kirche hat sicher eine soziale Funktion. Theater ist für mich heute so eine Art Versammlungsort. Es wird wahrscheinlich nicht so bewusst wahrgenommen wie in der Kirche, wenn man in den Gottesdienst geht und gemeinsam singt.
Was ist Ihnen in Ihrem Leben wichtig? Minichmayr: Der Glaube ist mir wichtig. Auf was es für mich im Leben auch ankommt, sind Begegnungen. Ich merke, Freunde und tolle menschliche Begegnungen zu haben, Menschen, die einen mit den eigenen Sachen konfrontieren und wo man einander Spiegelbild ist – das ist unbezahlbar.
Zur Person
Birgit Minichmayr
Die Schauspielerin aus Pasching (OÖ) lebt zur Zeit in Wien und Berlin. 1977 in Linz geboren, besuchte sie während der Schulzeit das Gymnasium der Kreuzschwestern in Linz (Unterstufe), maturierte am ORG Honauerstraße und ging anschließend nach Wien. Vom Max-Reinhardt-Seminar kam sie 1999 ins Burgtheater. Seit 2004/05 ist sie Ensemblemitglied am Volkstheater Berlin. Birgit Minichmayr begeistert durch totale Präsenz auf der Bühne und zählt zu den besten Jungschauspielerinnen im deutschen Sprachraum. Mitte Oktober war sie im Bildungshaus Puchberg Gast beim Literaturfrühstück (siehe Kultur-Seite).