Drei Millionen Menschen mussten während der Militärdiktatur in Argentinien (1976 bis 1983) ihr Land verlassen – einige kamen nach Oberösterreich. Aus der damals geschlossenen Freundschaft zwischen einem der Flüchtlinge und Betriebsseelsorger Hans Gruber wurde das bis heute bestehende Freundschafts-Comité Argentinia – Austria gegründet.
Berta Arroyo ist nicht verheiratet – und hat trotzdem eine große Familie. Die Kleinbauernfamilien sind ihre Familie, denen sie in dem von ihr und ihrem Bruder Pater Victor Arroyo gegründeten Forum für Gerechtigkeit in der Provinz Corrientes im Nordosten Argentiniens Rechtsbeistand verschafft. Land für Landlose – das ist auch in Argentinien ein großes Thema.
Land der Gegensätze. Argentinien ist nach internationalen Maßstäben kein Entwicklungsland. Doch die Kleinbauern spüren nichts vom wirtschaftlichen Aufstieg des Landes, das auf der einen Seite ein Paradies für Spitzenmanager ist, auf der anderen Seite weite Teile der Bevölkerung in Armut lässt. Dieser Teil der Bevölkerung muss sich gegen die internationale Geschäftemacherei zur Wehr setzen. So sollen etwa die großen Trinkwasserreserven in der Region Misiones für den nordamerikanischen Bedarf angezapft werden. Ein reicher Dollarmilliardär will das Projekt unbedingt durchbringen.
Wie es begann. Antonio Reiser kam während der Diktatur als Flüchtling nach Österreich. Betriebsseelsorger Hans Gruber hat ihn damals kennengelernt. Das war die Wurzel des Freundschafts-Comités Argentinia – Austria. Antonio Reiser ist einer der bekanntesten Priester und Menschenrechtsaktivisten Argentiniens. Jährlich bringt das Freundschafts-Comité rund 30.000 Euro für Projekte in Argentinien auf. Damit werden kleine Basisgemeinden unterstützt. In Buenos Aires unterhält das Comité ein Kulturhaus für Indios, in dem diese kostenlos übernachten können, wenn sie in der Hauptstadt zu tun haben. Im Jahr 2006 hat das Freundschafts-Comité einen Solidaritätspreis der KirchenZeitung erhalten. Zwei Jahrzehnte schon dauert diese Verbindung. Gruppen in Oberösterreich, aber auch in Deutschland tragen das Werk mit. In Neukirchen am Walde, in Großraming, Traun-Oed und in der Linzer Pfarre Heiliger Geist gibt es sehr aktive Gruppen. Eine Schulpartnerschaft wurde aufgebaut, Gesundheitszentren können gefördert werden. Die Freunde aus Österreich können Starthilfen gegeben. Rund hundert Bauern haben dadurch Land bekommen. Jetzt müssen sie selbstständig werden. Es sollen nur ja keine neuen Abhängigkeiten entstehen, und sei es auch die Abhängigkeit von wohlmeinenden Gönnern. Berta Arroyo war als Flüchtling acht Jahre in Spanien, ehe sie nach Argentinien zurückkehrten konnte. Seither ist sie dort eine unermüdliche Menschenrechts-Kämpferin. Letzte Woche betrat sie erstmals österreichischen Boden, um jene Menschen leibhaftig kennenzulernen, die ihre Arbeit unterstützen. Die Schüler und Schülerinnen aus Neukirchen zum Beispiel. Aus der Freundschaft selbst, nicht nur durch das gesammelte Geld, bleibt das Werk lebendig.„Du hast schon besser Spanisch gesprochen“, meint Berta Arroyo zu Hans Gruber. Ein paar Tage werden sie Zeit haben, mit der alten Freundschaft auch die Sprache wieder aufzufrischen.
Argentinien
Argentinien ist mit 2,7 Mio. km2 der achtgrößte Staat der Erde und der zweitgrößte des südamerikanischen Subkontinents. Die Provinzen Corrientes und Misiones liegen im Nordosten, nahe den weltberühmten Iguacu-Wasserfällen. Mehr als 90 % der knapp 40 Millionen Einwohner stammen nach der offiziellen Statistik von eingewanderten Europäern ab, etwa 90 % der Bevölkerung sind römisch-katholischen Glaubens. Große soziale Unterschiede prägen die politische und soziale Landschaft.
Berta Arroyo mit Hans Gruber (links) und Florian Müller vom Freundschafts-Comité. Foto: Matthäus Fellinger.