Schutz für Opfer, aber auch bessere Haftbedingungen
Justizministerin Dr. Maria Berger nennt im Diözesanhaus Linz Ziele ihrer Politik
Ausgabe: 2007/22, Justizministerin, Berger, Politik, Haft, Haftbedingungen, Bundesministerin, Loderbauer, Arbeit
30.05.2007 - Matthäus Fellinger
Der Staat verspricht seinen Bürgern Sicherheit, die Kirchen mahnen Barmherzigkeit ein. Die Balance zwischen beidem zu finden, bemüht sich die Justiz. Auf Kirchenboden fand am 25. Mai eine kriminalpolitische Runde mit Bundesministerin Maria Berger statt.
Absolute Gerechtigkeit gibt es nicht, meint Dr. Brigitte Loderbauer. Die Leiterin der Staatsanwaltschaft Steyr hofft aber doch, der Gerechtigkeit so weit als möglich nahe zu kommen. Loderbauer ist zugleich Leiterin des „Kriminalpolitischen Arbeitskreises“ im Forum St. Severin, der mit Justiz und Kriminalität befasste Berufsgruppen an einen runden Tisch zusammenführt. Sie tritt vehement dafür ein, dass etwa Wege zu außergerichtlichen Einigungen ausgebaut werden. In Bundesministerin Berger sieht sie eine Mitstreiterin.
Hilfe für Opfer. Zum Beispiel betreffen die gemeinsamen Vorstellungen die Situation der Kriminalitätsopfer. Die Prozess-Begleitung, in der viel Gespräch mit den Betroffenen notwendig wäre, soll weiterentwickelt werden.Ab Juli werden Opfer von Straftaten Unterstützung über eine spezielle Opfer-Hotline bekommen, kündigt Ministerin Berger an, und ab Ende des Jahres soll es auch entsprechende Ansprechstellen geben.
Häftlingszahlen senken. Die Justizministerin will aber auch die Situation in den Gefängnissen verbessern. Während die Häftlingszahlen seit dem Jahr 2000 um ein Drittel angestiegen sind – manche Gefängnisse sind mit bis zu 140 Prozent ihrer Kapazität überbelegt – , ist das Personal im selben Zeitraum deutlich gekürzt worden. Personalkürzungen soll es nicht mehr geben, die Häftlingszahlen will Ministerin Berger um zehn Prozent drücken.
Jugendgerichtshof neu. Die Wiedereinführung eines Jugendgerichtshofes mit eigenem Gefängnis – vorerst in Wien – ist nur eine der Maßnahmen. Die Ministerin erzählte über die Situation junger Häftlinge im Gefängnis Wien Josefstadt: Zehn junge Männer teilen sich einen Raum. Um 15 Uhr ist – wegen Personalmangels – Abendessen, dann wird zugesperrt und es gibt es nichts mehr bis zum Frühstück: eine Tasse Kaffee oder Tee und Brot. Für junge Leute viel zu wenig. Und alle zwei Wochen können sie eine Stunde Ball spielen. So „bessert” man Strafffällige nicht, hier steigt nur die Aggression, sieht Berger Handlungsbedarf. Die Situation sei auch für Justizbeamte oft unzumutbar. Während etwa die Polizei vor der Gesellschaft sichtbar lebt und gelegentlich ihre Paraden hält, sind Justizwachbeamte mit den Häftlingen eingesperrt. Wegen der knappen Besetzung hätten sie einfach nicht die Möglichkeit der optimalen Betreuung.
Fremdenrecht unbefriedigend. Vor dem Arbeitskreis sprach sich Berger auch für ein grundsätzliches Überdenken des gesamten Fremdenrechtes aus. Mit Härte treffe das Gesetz besonders Schubhäftlinge. „Die rechtliche Situation ist unbefriedigend”, meint sie. In der Bevölkerung wäre eine positivere Einstellung Ausländern gegenüber da, hält sie Änderungen durchaus für möglich.
Zum Thema
Der Kriminalpolitische Arbeitskreis besteht seit 30 Jahren. Auf Initiative des früheren Katholischen Akademikerverbandes (heute: Forum St. Severin) tauschen sich Berufsgruppen, die mit Strafvollzug zu tun haben, regelmäßig aus. Strafverteidiger, Richter, Staatsanwälte Vollzugsbeamte, Bewährungshelfer, ebenso Gefängnisseelsorger und Psychologen, haben hier ein Forum, das in Österreich einmalig ist.