Gott freut sich über die Umkehr von uns Menschen. Auch aus der verfahrensten Situation und scheinbarer Ausweglosigkeit dürfen wir aufbrechen. Er hält nach uns Ausschau und bereitet uns das Fest der Versöhnung.
Ausgabe: 2016/36, 24. Sonntag, wenn wir uns verrannt haben, Wort zum Sonntag, worauf vertrauen,
06.09.2016
Wort zum Sonntag
Worauf vertrauen?
Sie saßen fest, die Israeliten, in der Wüste. Wasser war rar, und mit dem Essen war es auch nicht so einfach. Ach, wären sie doch geblieben, wo sie waren! Das Leben in Ägypten war hart, ungerecht und mühsam, aber wenigstens war die tägliche Versorgung gesichert. Ein Wagnis, diese Flucht! Gewiss, bis jetzt war alles gut gegangen, aber nun wussten sie nicht weiter. Moses, ihr Führer, dem sie vertraut hatten, war verschwunden, seit 30 Tagen schon. Niemand wusste, wo er war und was er tat. Und von dem einen, der versprochen hatte, immer da zu sein als ihr „ICH-BIN-DA-Gott“ Jahwe, spürten sie im Moment gar nichts. Seine Zusage, auf die Erfahrung der Rettung durch IHN zu bauen, hielt nicht mehr. Das Vertrauen brauchte etwas Handfestes, etwas, das man verehren und in der Not beschwören konnte. Das Verlangen, für die Beziehung Jahwes zu seinem Volk einen greifbaren Gegenstand zu haben – ich kann es verstehen. Brauche ich doch auch immer wieder sichtbare Symbole für das Geheimnis der Liebe in meinem Leben, der Liebe zu Menschen und der Liebe Gottes. Schwierig wird es, wenn das Symbol zum „Goldenen Kalb“ wird, wenn die Durchsichtigkeit auf das Geheimnis Gottes oder der Liebe verloren geht. Dann wird die zugesagte Gegenwart Gottes reduziert auf etwas, das von unserem menschlichen Verstand zu begreifen und zu beherrschen ist. Dann ist Gott ein vom Menschen gemachter – und alle Religionskritiker haben Recht. Das Buch Exodus berichtet von der Reaktion Gottes auf das „Goldene Kalb“ in einer Sprache, die wir verstehen. Gott ist zornig und nennt sein Volk „töricht“. Am Schluss freilich hat das Gegenteil mehr Gewicht: Gott lässt sich von den Bitten Mose rühren und nimmt seine Drohung zurück. Was für eine wunderbare Perspektive!
Zum Weiterdenken
„Einen Gott, den man sich vorstellen kann, kann man auch wieder wegstellen.“ (Dietrich Bonhoeffer
Welche Vorstellungen, die mein Denken prägen, verstellen mir den Blick auf das Geheimnis des Anderen?
24. Sonntag im Jahreskreis – Lesejahr C, 11. September 2016
1. Lesung
Exodus 32, 7–11. 13–14 Da sprach der Herr zu Mose: Geh, steig hinunter, denn dein Volk, das du aus Ägypten heraufgeführt hast, läuft ins Verderben. Schnell sind sie von dem Weg abgewichen, den ich ihnen vorgeschrieben habe. Sie haben sich ein Kalb aus Metall gegossen und werfen sich vor ihm zu Boden. Sie bringen ihm Schlachtopfer dar und sagen: Das sind deine Götter, Israel, die dich aus Ägypten heraufgeführt haben. Weiter sprach der Herr zu Mose: Ich habe dieses Volk durchschaut: Ein störrisches Volk ist es. Jetzt lass mich, damit mein Zorn gegen sie entbrennt und sie verzehrt. Dich aber will ich zu einem großen Volk machen. Da versuchte Mose, den Herrn, seinen Gott, zu besänftigen, und sagte: Warum, Herr, ist dein Zorn gegen dein Volk entbrannt? Du hast es doch mit großer Macht und starker Hand aus Ägypten herausgeführt. [...] Denk an deine Knechte, an Abraham, Isaak und Israel, denen du mit einem Eid bei deinem eigenen Namen zugesichert und gesagt hast: Ich will eure Nachkommen zahlreich machen wie die Sterne am Himmel, und: Dieses ganze Land, von dem ich gesprochen habe, will ich euren Nachkommen geben, und sie sollen es für immer besitzen. Da ließ sich der Herr das Böse reuen, das er seinem Volk angedroht hatte.
2. Lesung
1 Timotheus 1, 12–17 Ich danke dem, der mir Kraft gegeben hat: Christus Jesus, unserem Herrn. Er hat mich für treu gehalten und in seinen Dienst genommen, obwohl ich ihn früher lästerte, verfolgte und verhöhnte. Aber ich habe Erbarmen gefunden, denn ich wusste in meinem Unglauben nicht, was ich tat. So übergroß war die Gnade unseres Herrn, die mir in Christus Jesus den Glauben und die Liebe schenkte. Das Wort ist glaubwürdig und wert, dass man es beherzigt: Christus Jesus ist in die Welt gekommen, um die Sünder zu retten. Von ihnen bin ich der erste. Aber ich habe Erbarmen gefunden, damit Christus Jesus am mir als erstem seine ganze Langmut beweisen konnte, zum Vorbild für alle, die in Zukunft an ihn glauben, um das ewige Leben zu erlangen. Dem König der Ewigkeit, dem unvergänglichen, unsichtbaren, einzigen Gott, sei Ehre und Herrlichkeit in alle Ewigkeit. Amen.
Evangelium
Lukas 15, 1–10 Alle Zöllner und Sünder kamen zu ihm, um ihn zu hören. Die Pharisäer und die Schriftgelehrten empörten sich darüber und sagten: Er gibt sich mit Sündern ab und isst sogar mit ihnen. Da erzählte er ihnen ein Gleichnis und sagte: Wenn einer von euch hundert Schafe hat und eins davon verliert, lässt er dann nicht die neunundneunzig in der Steppe zurück und geht dem verlorenen nach, bis er es findet? Und wenn er es gefunden hat, nimmt er es voll Freude auf die Schultern, und wenn er nach Hause kommt, ruft er seine Freunde und Nachbarn zusammen und sagt zu ihnen: Freut euch mit mir; ich habe mein Schaf wiedergefunden, das verloren war. Ich sage euch: Ebenso wird auch im Himmel mehr Freude herrschen über einen einzigen Sünder, der umkehrt, als über neunundneunzig Gerechte, die es nicht nötig haben umzukehren. Oder wenn eine Frau zehn Drachmen hat und eine davon verliert, zündet sie dann nicht eine Lampe an, fegt das ganze Haus und sucht unermüdlich, bis sie das Geldstück findet? Und wenn sie es gefunden hat, ruft sie ihre Freundinnen und Nachbarinnen zusammen und sagt: Freut euch mit mir; ich habe die Drachme wiedergefunden, die ich verloren hatte. Ich sage euch: Ebenso herrscht auch bei den Engeln Gottes Freude über einen einzigen Sünder, der umkehrt.