In diesen Tagen hört man ihn wieder öfter, den bösen Witz von den „gefirmten“ Tauben, die sich daraufhin nicht mehr in der Kirche blicken ließen. Vielen Pfarren geht es mit ihren Jugendlichen ähnlich.
Die Zahl der jugendlichen Gottesdienstbesucher hat sich seit 1990 halbiert. Nicht nur viele Pfarrer klagen, dass man nach der Firmung – trotz aller Bemühungen während der Vorbereitung – kaum eine/n dieser Jugendlichen im Gemeindegottesdienst sieht. Von daher kommt auch der sarkastische Witz, dass jener Pfarrer am erfolgreichsten die Taubenplage in der Kirche losgeworden ist, der die Vögel „gefirmt“ hat. Auf der anderen Seite liest man in allen einschlägigen Studien, dass die Jugendlichen von heute auf der Suche nach Sinn, Stabilität und Geborgenheit sind. „Diese Diskrepanz gibt zu denken, gerade uns Christen, die wir den Glauben und die Beziehung zu Gott als sinnstiftend und als Quelle für Stabilität und Geborgenheit erfahren“, meint Stephan Unterberger. „Vielleicht liegt es an der falschen Verpackung, dass die Jugendlichen in unseren Kirchen Gott nicht begegnen?“ fragt der Miterfinder einer aufwändig gestalteten Gottesdienstreihe, die in den vergangenen Jahren in Wien und Tirol mehr als 20.000 Jugendliche anlocken konnte.
Fremd oder daheim. Es gebe mehrere Gründe, warum die Kirchenbänke immer öfter „jugendfrei“ seien, meint der Bundesseelsorger der Katholischen Jugend, Markus Muth. Nicht neu sei das Verhalten, dass sich Jugendliche in der Pubertät von Verhaltensmustern der Eltern – zumindest vorübergehend – loslösen. Da gehöre auch „das Kirchengehen“ dazu. Immer öfter treffe man heute aber Jugendliche, die von zu Hause kaum mehr eine religiöse Praxis und Orientierung mitbekommen haben. Da wirke sich die Pubertät leider meist nicht als „Gegenpendel“ aus. Das hänge aber auch damit zusammen, so Muth, dass Jugendliche Gottesdienste in der Regel als erlebnisarm empfinden. „Da wird eine Sprache geredet, die sie nicht verstehen, eine Musik gespielt, die ihnen nichts gibt, und eine Symbolik gelebt, die ihnen fremd ist.“ Von daher, so Markus Muth, ist sicherlich ein Teil des Erfolges der eventartigen Gottesdienste, wie sie etwa in der Reihe „find-fight-follow“ angeboten wurden, zu erklären. „Da gab es einfach starke Bezugspunkte zur Jugendkultur: das Erlebnis der großen Menge, Popmusik und Lichteffekte, Themen, die Jugendliche bewegen, und eine Sprache aus ihrer Welt.“ Die Kritik, dass derartige „Events“ die Jugendlichen nur oberflächlich ansprechen, lässt Muth nicht gelten. So, wie viele Katholiken auch ab und zu gerne einmal ein „Hochamt“ mitfeiern, das alle Sinne anspricht, so seien derartige Jugendgottesdienste eben auch besondere „highlights“, die zudem das Gefühl vermitteln, dass Glaube Menschen verbindet.
Glaubwürdige Zeug/innen. Ob Gottesdienste Jugendliche erreichen und in ihrem Inneren ansprechen, hänge aber nicht in erster Linie von der Wattstärke der Musikanlage ab, sondern von der Echtheit und Glaubwürdigkeit jener, die mit ihnen über Gott sprechen, betont Muth. „Sind das Menschen, die für die Jugendlichen anfassbar sind, die sich für sie interessieren, auf ihre Fragen eingehen oder nicht? Und das sind Fragen, die wir uns in jeder Gemeinde stellen müssen. Denn Jugendarbeit ist Beziehungsarbeit und Glaube lässt sich nur über glaubhafte Zeug/innen und glaubhaftes Verhalten vermitteln.“ Gottesdienste, in denen solche Begegnungen möglich sind, würden Jugendliche auch nicht als fad empfinden, meint Muth. Qualität von Gemeindegottesdiensten heiße deshalb auch, dass Jugendliche dort einen Platz haben, dass sie sich einbringen können und angesprochen werden. Daneben sollte man gerade in der Jugendarbeit eine Vielfalt von Gottesdienstformen von der intimen, kleinen Gruppe bis zum großen Fest, von offen gestalteten Riten bis zur Eucharistiefeier anbieten, regt Muth an. „Die regionale Zusammenarbeit kann hier sicher eine große Hilfe sein, da es vielfach die Jugendkapläne in unmittelbarer Nähe, wie sie frühere Generationen erleben konnten, kaum mehr gibt.“