Der Klang der Orgel hat ihn schon als Kind fasziniert. Sein Debüt gab er als Neunjähriger bei Segensandachten in seiner Heimat Hohenzell. Jetzt feiert Wolfgang Kreuzhuber sein 25-Jahr-Jubiläum als Domorganist. Er ist der fünfte Nachfolger von Anton Bruckner und pflegt wie sein Vorgänger die Kunst der Improvisation.
Seit 1. September 1982 sind Sie Domorganist und überblicken damit 25 Jahre Dommusik. Was sind für Sie die markantesten Veränderungen? Dr. Wolfgang Kreuzhuber: Am größten ist die Veränderung in der Liturgie. Das Verständnis dafür, dass Wort und Musik eine Einheit sind und die Liturgie als Gesamtkunstwerk begriffen wird, ist gestiegen. 1985 wurde der Altarraum im Mariendom umgestaltet. Seither sind Domchor und Chororgel im Altarraum im Gegensatz zu vorher sicht- und hörbar. Sie gestalten musikalisch die Gottesdienste – mit allem, was dazugehört: Zwischengesang, Antwortpsalm, Kehrvers ... Das hat Vorbildwirkung für die ganze Diözese. Das Zweite, das gewachsen ist, ist die Orgel-Improvisation – besonders an der Rudigier-Orgel. Ich habe die Rudigierorgel für junge Musiker/innen geöffnet, zugänglich gemacht.
Die Rudigierorgel aus dem Jahr 1968 zählt zu den schönsten neuen Orgeln Österreichs. Was bedeutet es für Sie, eine Orgel mit fast 6000 Pfeifen beruflich zum Klingen zu bringen? Sie ist mein Instrument, mit dem ich mich verständlich machen und ausdrücken kann. Die Rudigierorgel ist ein rundum gelungenes Instrument. Aufgrund ihrer Vielfältigkeit mit siebzig klingenden Registern eignet sie sich besonders zur Orgel-Improvisation. Die Improvisation zählt mittlerweile zum Markenzeichen von Linz – und wird auch im Diözesankonservatorium sehr gefördert. Beim Improvisieren hab ich einen Plan im Kopf, aber oft entwickelt sich aus dem Spiel heraus etwas Neues. Das ist das Spannende!
Was kann die Orgel im Gottesdienst bzw. können die Organist/innen, was „Musik aus der Dose“ (z.B. CD-Player) nicht bieten kann? Die Improvisation passiert aus dem Moment heraus. Sie ist meditierend, deutend und greift eine Stimmung, Atmosphäre auf. Bei der Orgelimprovisation nehmen die Organist/innen die Thematik des Gottesdienstes auf. Das kann z.B. das Thema der Predigt sein. Hier kann der Funke überspringen. Es geht dabei nicht um Gefühlsduselei oder dass man mit schönen Klängen eingelullt wird. Die Ehrlichkeit der Gefühle ist mir dabei wichtig.
Wenn die Orgel einmal schweigt, wird erst klar, dass ... sie sonst immer erklingt. Wie beurteilen Sie die Situation in den Pfarren heute? Wenn die Orgel plötzlich schweigt, gibt es Aufregung. Die Leute rufen bei uns an und fragen, ob wir einen Kirchenmusiker für sie haben. Die Wertschätzung für die Orgelmusik ist in den Pfarren sehr unterschiedlich. Pfarrer und Organist sind Partner – dieses Bewusstsein gibt es stellenweise, vieles läuft aber nebenbei oder wird für selbstverständlich erachtet. Für die Pfarren ist es wichtig, dass Talente auf jeden Fall gefördert werden. Immerhin braucht es fünf bis zehn Jahre an Ausbildung für Organist/innen. Erschwerend kommt dazu, dass die Bereitschaft sich für einen Dienst zu binden, heute nicht mehr so groß ist. Auffallend ist aber, dass das Instrument Orgel wieder mehr gefragt ist, besonders im konzertanten Bereich. Es gibt wieder Orgelnachwuchs!
- Am Do., 12. Juli lädt W. Kreuzhuber zum Jubiläumskonzert in den Mariendom ein. Am Programm: J. S. Bach, C. Franck, J. N. David und W. Kreuzhuber. Beginn: 19.30 Uhr. Der Eintritt ist frei.