Wilhelm Zauner zur Klammer zwischen dem 2. Vatikanischen Konzil und der erneuerten Liturgie
Ausgabe: 2007/30, Liturgie, Heimat, Zauner, Wilhelm Zauner, Vatikanische Konzil, Vatikan, Rom, Papst, Messformen, Kirche
25.07.2007 - Josef Wallner
Durch die Erlaubnis Papst Benedikts XVI., die Eucharistie wieder in der „früheren Form“ zu feiern, ist die Liturgie der Kirche ins Gespräch gekommen. Für die KirchenZeitung erzählt Wilhelm Zauner, wie er die Gottesdienste vor dem 2. Vatikanischen Konzil erlebt hat und was ihm die erneuerte Liturgie bedeutet.
„Dass ich als Ministrant das lateinische Stufengebet auswendig konnte, hat mich damals schon mit Stolz erfüllt“, meint Wilhelm Zauner schmunzelnd. „Vor allem die Zeremonien an den Festtagen haben mich sehr beeindruckt. Ich habe auch Orgel gespielt und mit Begeisterung Choral gesungen – ich war in der lateinischen Liturgie ganz zu Hause. Sie hatte etwas Qualitätsvolles und Würdiges und hat Beheimatung in der Kirche geschaffen.“
Erneuerung dient der Vertiefung. Gleichzeitig hat Zauner als Schüler die von der Liturgischen Bewegung angestoßenen neu entstehenden Formen der Gestaltung von Gottesdiensten kennengelernt. Die Brüder Joseph und Hermann Kronsteiner übersetzten die Eigengesänge (Eröffnung, Zwischengesang und Gabenbereitung, usw.) des lateinischen Messbuchs ins Deutsche und vertonten sie. „Ich habe das aber nicht als Distanzierung von der bisherigen Messe erlebt, sondern als Weiterführung der Kostbarkeiten der lateinischen Liturgie und als eine Verlebendigung des Gottesdienstes, die mit großer Freude mitgetragen wurde. An Sonntagen und Festtagen wurden die populären Gottesdienste gefeiert, an Werktagen die stillen Messen vom Priester ,gelesen’, während das Volk den Rosenkranz betete. Man kann ohne Wenn und Aber sagen: Die neuen Formen – Musik und Texte – halfen dem Volk, tiefer in die Liturgie einzudringen.“ Das 2. Vatikanische Konzil hat die Würde aller Getauften wieder in den Mittelpunkt seiner Lehre von der Kirche gestellt. Das musste sich logischerweise auch in der Liturgie zeigen, betont Zauner: „Der Priester ist nicht mehr der Messeleser, dem das Volk zuhört, sondern alle Getauften sind Träger der Liturgie. Dieser Übergang hat sich in den 1960er Jahren – vorbereitet durch die Liturgische Bewegung – in Harmonie vollzogen.“
Heute glauben. „Vor allem junge Leute hat diese Theologie und die daraus folgende Praxis angesprochen“, erinnert Zauner. „Ich habe selbst eine große Freude damit. Denn es wurden durch das Konzil theologische Einseitigkeiten bereinigt. Es geht also nicht um die Alternative Lateinisch oder Deutsch. Um nur ein Beispiel zu nennen: Papst Paul VI. hat den Hymnus Dies Irae (Tag des Zornes) aus der Totenliturgie genommen, damit nicht der Eindruck entsteht, dass uns am Ende des Lebens ein zorniger und rächender Gott erwartet. Diese Korrektur ist mir persönlich auch wichtig.
Wenn nun durch die Freigabe der früheren Liturgie künftig zwei Formen gleichberechtigt nebeneinanderstehen, befürchte ich, dass das nicht zur Einheit in der Vielfalt, sondern eher zu Konflikten in den Pfarren beiträgt. Ich bin jedoch zuversichtlich, dass wirklich gläubige Menschen Wege finden, weiterzuentwickeln, was im 2. Vatikanischen Konzil grundgelegt worden ist. Für mich ist die erneuerte Liturgie die Form, in der ich meinen Glauben am besten ausdrücken kann – in deutscher und in lateinischer Sprache.“
ZUR SACHE
Zwei Messformen
Papst Benedikt XVI. hat mit dem Schreiben „Summorum pontificium“ den Gebrauch der Liturgie nach dem Messbuch von 1962 wieder gestattet. Die von Papst Paul VI. im Zuge des 2. Vatikanischen Konzils erneuerte Liturgie (Messbuch 1970) bleibt die ordentliche Form der römischen Liturgie, die „tridentinische“ Messe wird nach Jahrzehnten der Einschränkung wieder als außerordentliche Form zugelassen. Die KirchenZeitung berichtete in Nr. 28, Seiten 1 und 10.
Vertrauen in Zeichen
Dr. Hans Hollerweger, em. Univ. Prof. für Liturgiewissenschaft, beschreibt die aktuelle liturgische Situation: „Die Erneuerung der Liturgie im Geiste des 2. Vatikanischen Konzils ist ein gelungenes Werk. Das Ziel liturgischer Feier ist, das Mysterium – die Gegenwart Christi – vor allem durch Symbolhandlungen erfahrbar zu machen. Wenn dennoch in manchen Kreisen ein Unbehagen spürbar ist, dann liegt es nicht an den Neuerungen, sondern an der Durchführung. Die Antwort auf dieses Unbehagen besteht für mich daher nicht im Rückgriff auf ein altes Zeremoniell oder auf die lateinische Sprache, sondern im Bemühen um eine überzeugende Feier der Gemeinde. Man kann sich zum Beispiel fragen, warum die Gabenbereitung nicht als Prozession durchgeführt wird – wie das im Messbuch beschrieben ist.”