Nach der Verlesung des Seligsprechungsdekretes wurde im Altarraum – unter minutenlangem Applaus – ein drei mal drei Meter großes Porträt Franz Jägerstätters hochgezogen. Mit diesem eindrucksvollen Akt wurde den Gläubigen der neue Selige „sichtbar“ vor Augen gestellt.
Mehr als 5000 Menschen feierten am 26. Oktober 2007 im Linzer Mariendom den Gottesdienst zur Seligsprechung von Franz Jägerstätter mit. Die Anerkennung durch die Kirche setzt aber keinen Schlusspunkt, sondern schreibt die bleibende Aktualität seines Lebens und Martyriums fest.
Diözesanbischof Ludwig Schwarz wies auf die Zeit hin, in die Franz Jägerstätter hineingestellt wurde: der Anschluss Österreichs an das nationalsozialistische Deutschland und den Zweiten Weltkrieg. Die Zeichen der Zeit zu erkennen ist eine der markantesten Weisungen des Zweiten Vatikanischen Konzils, so der Bischof. Jägerstätter habe die Zeichen seiner Zeit erkannt und als Christ darauf mit seinem Leben geantwortet: Sein Gewissen ließ keine Gleichgültigkeit zu, sondern verlangte von ihm eine klare Unterscheidung von Gut und Böse. Ihm geht es um ein aufrichtig gelebtes Christsein, das diesem Namen gerecht wird, so der Bischof. „Christ sein“, ist nach Jägerstätters eigenen Worten „der höchste Beruf, den es auf dieser Welt gibt.“
Kardinal begeistert. Kardinal Christoph Schönborn war von der Seligsprechungsfeier überwältigt: „Seit 40 Jahren habe ich auf diesen Moment gewartet, ich habe gehofft und gebetet. Das Buch von Gordon Zahn hat in mir die Begeisterung für Franz Jägerstätter ausgelöst. Am meisten freue ich mich, dass Franziska Jägerstätter dabei sein kann.“
Geglücktes Leben. Bischof emeritus Maximilian Aichern erinnerte beim Festgottesdienst in St. Radegund, der Heimatpfarre Franz Jägerstätters, dass Heilige und Selige nicht Vergangenheit, sondern Gegenwart sind. „Jägerstätter ist und bleibt eine Provokation“, so Aichern: „Er ist ein Vorbild für christliche Gewissensentscheidung, für Zivilcourage und Ernstnehmen des Glaubens.“ Seligsprechung bedeute, dass das Leben und Sterben eines Menschen geglückt sei, Christen wie Franz Jägerstätter seien ein Stück Evangelium, das im Leben verwirklicht sei.
Weltweite Beachtung. Papst Benedikt XVI. nahm am Sonntag beim Angelusgebet auf die Seligsprechung Jägerstätters Bezug. Sein Beispiel und das anderer Märtyrer sei eine Verpflichtung für alle Christen. Die US-amerikanischen katholischen Nachrichtenagenturen CNS und CWN sowie die italienische Nachrichtenagentur SIR berichteten ebenfalls ausführlich.
Zur Sache
Von der Seligsprechung ins Gefängnis
„Die Seligsprechung ist das wichtigste kirchliche Ereignis des Jahrzehnts.“ P. John Dear aus den USA geht förmlich über vor Begeisterung. Der Jesuit ist mit einer Gruppe von 30 Friedensaktivisten aus den Vereinigten Staaten zur Seligsprechung angereist. „Fränz“, wie John Dear Jägerstätter nennt, „gehört nun der ganzen Welt.“ Und darüber ist der 47-jährige Priester glücklich. Seit 25 Jahren engagiert er sich in den USA gegen den Krieg, zur Zeit sogar im Hauptberuf: Jährlich spricht er vor über 40.000 Menschen und schreibt ein Buch nach dem anderen. Wenn er von Europa zurückkommt, wird sein Einsatz aber unterbrochen: Er muss für zwei Monate ins Gefängnis, da er in einem Regierungsgebäude gegen den Irakkrieg protestiert hat. Es ist nicht das erste Mal, dass er verurteilt wurde. Insgesamt ist er schon ein Jahr lang „gesessen“. Aber der „selige Fränz“ gibt ihm Kraft weiterzukämpfen.
Gordon Zahn. Der amerikanische Soziologe Gordon Zahn hat 1964 mit einer bahnbrechenden Biografie Franz Jägerstätter überhaupt erst bekannt und in den USA auch zur Leitfigur der Friedensbewegung gemacht. Der 1918 geborene Wissenschafter leidet nun schwer an Alzheimer. Als ihm ein Schüler aber von der Seligsprechung Jägerstätters erzählte, schaute er kurz mit klarem Blick auf und hob freudig die Arme, ehe er wieder in seiner Krankheit versank.