Der Mensch hat einen Standpunkt. Aber am besten anonym. Ein Standpunkt ist ja schließlich etwas Privates. Wieviele haben schon d’raufgezahlt, weil sie öffentlich nicht vorsichtig genug waren. Sie haben andere in ihren Standpunkt eingeweiht und gesagt, was sie sich denken. Das lässt sich denken, dass damit ein Haufen Schwierigkeiten einhergehen können. Beispiele dafür kennt jeder.
Wer dennoch den eigenen Standpunkt öffentlich vertritt, ist entweder unvorsichtig oder mutig. Franz Jägerstätter war in ganz besonderer Weise unvorsichtig mutig, unvorsichtig gewissenstreu. Am heurigen Nationalfeiertag haben diese Haltung 5.000 Menschen im Dom bei der Seligsprechung gefeiert. Als beglückende, bestärkende Feier haben sie den Gottesdienst erlebt – wie viele am Ausgang auf Fragen geantwortet haben. Aber die Hälfte von ihnen hat in einem Atemzug gesagt: Bringen Sie meine Aussage bitte nicht mit Namen und auch nicht mit Foto! Das Fest des Mutes, der Courage und der Gewissenstreue, aufgebracht in einer wirklich gefährlichen Zeit, hat viele in einer risikogeringen Zeit nicht zu eigenem Mut angesteckt. Mit dieser Meinung möchte ich jetzt aber doch lieber anonym bleiben!