Papst Franziskus forderte die Glaubenden beim Friedenstreffen der Religionen in Assisi dazu auf, „fundamentalistische Gewalt zu ächten.“
Ausgabe: 2016/39
27.09.2016
- Thomas Jansen/KATHPRESS
Kinder aus allen Kontinenten winken vor einem Mann mit Brustkreuz, einem Mann im Turban und einem Mann mit Kippa. In den Händen halten sie kleine zusammengerollte Papiere, die mit einer Schleife zusammengeschnürt sind. Mit dieser Szene vor der Basilika des heiligen Franziskus endete am 20. September das 30. internationale Friedenstreffen der Religionen im italienischen Assisi mit Papst Franziskus. Die Buben und Mädchen verteilten den gemeinsamen Appell zum Abschluss der dreitägigen Begegnung.
Zeichen setzen
30 Jahre nach dem ersten Friedenstreffen, zu dem Johannes Paul II. 1986 nach Assisi eingeladen hatte, waren in der Stadt des heiligen Franz von Assisi erneut mehr als 500 Delegierte von einem Dutzend Religionsgemeinschaften zusammengekommen. Sie wollten in Zeiten des islamistischen Terrors ein Zeichen gegen religiösen Fundamentalismus und für den Frieden setzen. Zuletzt hatte es im Oktober 2011 ein solches Treffen mit Benedikt XVI. gegeben. Die katholische Gemeinschaft Sant‘Egidio organisiert seit 1986 jährlich ein Friedenstreffen in wechselnden Städten. Worte sind im Dialog der Religionen in Assisi eine Sache. Eine andere sind die Gesten, nicht zuletzt eine ganz alltägliche: Das Händeschütteln. Rund eine Stunde lang schreitet Franziskus nach seiner Ankunft im Kloster des heiligen Franziskus die Reihe der rund 500 Delegierten des Friedenstreffens ab, begrüßt Christen, Muslime, Buddhisten und Juden. Der Papst der Gesten strahlt, nimmt sich Zeit für kurze Gespräche, scherzt. Händeschütteln, so vermitteln es die Bilder, ist hier mehr als eine lästige Pflichtübung.
Allgemeiner Appell
Das Friedenstreffen stand im Schatten der jüngsten islamistischen Terroranschläge. Im Schlussappell der Delegierten wie auch in der Rede des Papstes fand dies allerdings keinen erkennbaren Niederschlag. Der Appell war allgemein gehalten und ging inhaltlich kaum über jenen aus dem Jahr 2011 hinaus. „Wer den Namen Gottes anruft, um Terrorismus, Gewalt oder Krieg zu rechtfertigen, befindet sich nicht auf Seinem Weg“, heißt es darin. Man wollte wohl bereits im Keim jeden Eindruck ersticken, der Islam sitze in Assisi auf der Anklagebank eines interreligiösen Tribunals. Franziskus fordert die Glaubenden aller Religionen in seiner Rede auf, fundamentalistische Gewalt zu ächten. Sie entstelle das „wahre Wesen der Religion“.
Getrennt gebetet
„Es geht nicht darum, dort ein Spektakel zu veranstalten, sondern einfach darum, zu beten, und zwar für den Frieden“, sagte Franziskus vor seiner Abreise in der Frühmesse im vatikanischen Gästehaus Santa Marta. Gebetet wurde in Assisi auch diesmal strikt getrennt nach Religionen: die Christen versammelten sich mit dem Papst in der Unterkirche der Franziskus-Basilika, die Muslime wandten sich im Theologischen Institut des benachbarten Franziskanerklosters gen Mekka und die Shintoisten hatten im Kreuzgang ihren Altar aufgebaut. Zoroastrier und Sikhs beteten unterdessen im örtlichen Kunstmuseum. So hielten es auch Franziskus‘ Vorgänger Benedikt XVI. und Johannes Paul II., nachdem das erste Friedenstreffen 1986 innerkirchliche Kritik an einer angeblichen Vermischung der Religionen hervorgerufen hatte.
Keine Vermischung
Franziskus könnte ein gemeinsames Gebet von Vertretern verschiedener Religionen einführen, war bisweilen spekuliert worden. Genährt wurden solche Erwartungen durch den Umstand, dass Franziskus an das Ende seiner Umwelt- und Sozialenzyklika „Laudato si’“ ein gemeinsames Gebet von Christen und Nichtchristen zur Bewahrung der Schöpfung gestellt hatte. In seiner Ansprache in Assisi machte Franziskus allerdings deutlich, dass auch ihm daran liegt, den Eindruck einer Vermischung von Religionen zu vermeiden.
Flüchtlinge
Johannes Paul II. lud vor 30 Jahren erstmals Religionsführer nach Assisi ein. Benedikt XVI. holte 2011 auch Nichtglaubende dazu. Franziskus erweiterte die Gästeliste nun um Flüchtlinge. Der Papst nahm zusammen mit 12 Flüchtlingen aus Kriegsregionen ein Mittagessen im Franziskanerkloster ein. In seiner Meditation zum ökumenischen Gebet prangerte er zudem erneut mit scharfen Worten Gleichgültigkeit gegenüber Flüchtlingen an. Die Vizepräsidentin von Sant‘Egidio, die Belgierin Hilde Kieboom, formulierte es so: Franziskus‘ Beitrag zu den Treffen sei der „Link zwischen Armen und Frieden“.