Berater/innen können die Kirche davor bewahren, an der Realität vorbeizugehen, meint Bischof Manfred Scheuer. 24 neue Berater/innen stehen für die BEZIEHUNGleben-Beratungsstellen zur Verfügung.
Ausgabe: 2016/39
27.09.2016 - Matthäus Fellinger
Es ist das gelungene Beispiel, wie aus einer Notsituation etwas Neues entstehen kann. Aus Kostengründen hatte der Staat der bisherigen Ausbildungsschiene für die kirchliche Partner- und Familienberatung die Zustimmung und damit auch das Geld entzogen. Der Erzdiözese Salzburg erging es ebenso. Die Diözese Linz und die Erzdiözese Salzburg schlossen in der Folge mit der Fachhochschule Oberösterreich einen Kooperationsvertrag. Vor drei Jahren startete der erste Hochschullehrgang Partner-, Ehe-, Familien und Lebensberatung. Am 23. September erhielten die 24 Absolvent/innen nach einem dreijährigen Lehrgang ihre Diplome überreicht. Sechs der neu ausgebildeten Berater/innen kommen aus der Erzdiözese Salzburg, achtzehn aus Oberösterreich.
Ein Beruf mit Feingefühl
Beratung, Psychologie, Soziologie, Krisenintervention, Selbsterfahrung, rechtliche und medizinische Grundlagen, Psychiatrie. Das sind nur einige der Felder, in denen Berater/innen kompetent werden sollen. Dazu kommt ein Praktikum von mindestens 100 Stunden an den Familienberatungsstellen von BEZIEHUNGleben. Die erste Zertifikatsverleihung wurde am Freitag, 23. September im Linzer Priesterseminar gebührend gefeiert. Die neue Kooperation hat die Ausbildung modernisiert, ist Susanne Savel-Damm aus Salzburg überzeugt. Auch Irene Hiebinger von der Fachhochschule Oberösterreich ist von der Zusammenarbeit mit den kirchlichen Einrichtungen überzeugt, geht es hier doch um ein Arbeiten für Menschen, die ihre Probleme nicht aus eigener Kraft bewältigen können. Das brauche viel Einfühlungsvermögen und Feingefühl. Der Beraterberuf verlangt nach Selbstkontrolle, der Ethik komme eine besondere Orientierungsfunktion zu, meint Hiebinger.
Familie ungeschminkt
Bischof Manfred Scheuer sieht in den ausgebildeten Berater/innen auch ein Wahrnehmungsorgan für die Kirche: „In den Beratungen kommen die Wirklichkeiten von Beziehung und Familie ungeschminkt zum Ausdruck. Sie können die Kirche davor bewahren, an der Realität vorbeizugehen“, wandte er sich an die 24 Absolvent/innen. Gerade in Partnerschaft und Beziehung gebe es keine Alles-oder-nichts-Lösungen, Familienleben „muss laufend hergestellt werden“. Für Ausbildungsleiterin Gerlinde Poimer bedeutet der Abschluss des Lehrganges auch das Ende ihrer beruflichen Laufbahn. Sie ist seit Kurzem in Pension.
Beziehungleben
Im Jahr 2015 nahmen 8032 Personen 18.723 Beratungen bei BEZIEHUNGLEBEN.AT in Anspruch. 20 Prozent kamen als Paar in die Beratung, 2 Prozent als Familien, der Großteil, nämlich 78 Prozent, als Einzelperson. Schwerpunkte sind: Erziehungs- und Jugendberatung, Männerberatung, Gewaltberatung, juristische Beratung, Familienberatung bei Gericht, geförderte Familienmediation – Vermittlung im Streitfall.
BEZIEHUNGLEBEN.AT, Abteilung Ehe und Familie der Diözese Linz, Kapuzinerstraße 84, 4021 Linz, beziehungleben@dioezese-linz.at, www.beziehungleben.at