Es braucht eine Vertiefung im Glauben, damit wir zu einem neuen Aufbruch im Umbruch unserer Zeit kommen können. So meinte Bischof Dr. Ludwig Schwarz bei der „Ölweihmesse” am Mittwoch der Karwoche. Warum, erzählt er im Interview.
Sie sprechen von einem Aufbruch im Umbruch. Hat die Kirche Dynamik eingebüßt? Bischof Dr. Ludwig Schwarz: Viele Menschen, auch Priester, sind unruhig und besorgt. Wir merken den Rückgang an geistlichen Berufen, wir leiden unter dem Zerbrechen vieler Ehen. Es gibt einen fortschreitenden Rückgang im sakramentalen Leben. Bei der Bischofs-Frühjahrskonferenz haben wir uns mit diesen Sorgen ausführlich befasst. Wir meinten, dass nicht sosehr strukturelle Veränderungen einen Umschwung bringen, sondern die Vertiefung des Glaubens. Wir müssen unser Vertrauen viel mehr noch auf den Herrn setzen. Nur dann wird es zu einem Aufbruch im Umbruch kommen. Das Licht unseres Glaubens müssen wir vor den Menschen leuchten lassen. Zu diesem Aufbruch möchte ich ermutigen.
Pfarren äußern ihre Sorgen um die Zukunft. In einzelnen Pfarren könne nicht mehr an allen Sonntagen Messe gefeiert werden. Wir haben in unserer Diözese eigentlich genügend Eucharistiefeiern, aber es kommen eher weniger Leute. Halbleere Kirchen sind das viel größere Problem. Natürlich wissen wir auch um den Priestermangel.
Wie gehen die Bischöfe damit um? Von verschiedenen Seiten werden Änderungsvorschläge herangetragen. Zum Beispiel die Aufhebung des Zölibats, die Zulassung von bewährten verheirateten Männern (viri probati) zur Priesterweihe. Hier geht es um strukturelle Änderungen, deren Effizienz zu hinterfragen ist. Jedenfalls können solche Veränderungen weder durch einen einzelnen Bischof noch durch eine Bischofskonferenz herbeigeführt werden. Das könnte nur der Papst zusammen mit den Bischöfen beschließen. So ist es ja auch bei der Wiedereinführung des Ständigen Diakonats vor sich gegangen.
Welche Wege sehen Sie dann? Für die gegenwärtige Situation ist es von größter Wichtigkeit, dass es in den Herzen vieler Menschen zu einer geistlichen Erneuerung, zur Umkehr und Hinwendung zu Gott kommt. Ohne Gott bleibt das Leben unerfüllt. Es ist dann von einer existenziellen Not gekennzeichnet, die letztlich nur von Gott behoben wird. Jeder Mensch braucht Liebe und Zuwendung. In Jesus Christus schenkt Gott uns seine Liebe. Er ist die Quelle des lebendigen Wassers, das uns Frische und Kraft gibt in einer Welt, die durch Sünde dürr und trockengeworden ist.
Sie haben um einen Weihbischof angesucht. Wann rechnen Sie mit einer Ernennung? Ernennung und Zeitpunkt liegen nicht in meiner Hand. Beim neuen Wiener Weihbischof hat es elf Monate gedauert. Ich würde meinen, dass es bei uns nicht so lange dauert. Vielleicht haben wir schon zu Beginn des neuen Arbeitsjahres im September einen Weihbischof.
Welche Aufgaben werden Sie ihm geben? Das hängt stark von der Person ab. Jugend, Bildung, geistliche Berufe, das sind wichtige Aufgabenfelder.
Im April beginnt eine neue Funktionsperiode des Pastoralrates. Was geben Sie den Pastoralräten mit auf den Weg? Der Pastoralrat ist jenes Gremium, das in beratender Funktion den Diözesanbischof in der Leitung der Diözese mitverantwortlich unterstützt. Die wichtigste Aufgabe wird sein, Wege zur Vertiefung des Glaubens zu finden. Die Menschen sollen neu Zugang zu den Sakramenten finden. Auch das Anliegen der Weckung und Förderung von kirchlichen und geistlichen Berufungen wird sehr wichtig sein.
Kardinal Dr. Schönborn hat gemeint, der Bau von Moscheen sei unter Einhaltung der Bauvorschriften in Österreich möglich. Wie sehen Sie das für Oberösterreich? Die katholische Kirche hat im Zweiten Vatikanum die Religionsfreiheit betont. Der Islam ist seit 1912 eine staatlich anerkannte Religion. Auch die Muslime haben daher das Recht, Gotteshäuser zu bauen, um darin Gott zu loben. Wir erwarten ja auch, dass wir in islamischen Ländern Kirchen bauen dürfen. Auch wenn man uns dort nicht immer entgegenkommt, müssen wir doch dabeibleiben, die Religionsfreiheit bei uns zu leben. Die Frage der Minarette ist nicht das Wichtigste.
Im Rahmen der Ölweihmesse hat Bischof Dr. Ludwig Schwarz die liturgischen Öle für die Spendung der Sakramente gesegnet. Daran nahmen am Mittwoch der Karwoche viele Priester, vor allem die Jubilare, teil. „Es geht um die Verwirklichung unserer Sendung“, betonte Bischof Schwarz in der Predigt. „Auch wenn wir in einer Zeit des Umbruchs leben, sollen wir nicht jammern, sondern eine Chance sehen: Es geht nicht um bessere Organisation, sondern um die Realisierung unserer Sendung“, unterstrich er. „Strukturen haben sich nachzureihen.“