Was soll die Politik, was kann die Gesellschaft tun, damit der Skandal Arbeitslosigkeit kleiner wird? – Eine Umfrage zum Tag der Arbeitslosen am 30. April.
„Arbeitslose Menschen sollen wie Menschen behandelt werden und nicht wie Sozialschmarotzer“, sagt Susanne Stockinger vom Verein „AhA“ (Arbeitslose helfen Arbeitslosen), KirchenZeitungs-Solidaritätspreisträger des Jahres 2006. „Notwendig“, so Susanne Stockinger, „ist auch, dass bei vermutetem Fehlverhalten arbeitsloser Menschen nicht sofort der AMS-Bezug eingestellt wird, sondern zuerst die Betroffenen angehört werden.“
Mehr Ausbildungsplätze. Christian Winkler, Geschäftsführer der Bischöflichen Arbeitslosenstiftung, gibt zu bedenken, dass vielearbeitslose Menschen ausgebrannt sind durch die vielen Enttäuschungen und den Druck, den sie in der Zeit der Arbeitslosigkeit erleben. Daher müssten die Kapazitäten bei individueller psychosozialer Beratung oder bei Arbeitstrainingsangeboten ausgebaut werden. Es brauche auch weit mehr Plätze, die eine berufliche Qualifikation mit Abschluss ermöglichen.
Keine Arbeit haben macht mutlos. Die Solidaritätspreisträgerin aus dem Jahr 1995, Erika Bayer – sie leitet im Amt für Soziales, Jugend und Familie des Magistrates Linz die Abteilung Jobimpuls – meint: Keine Arbeit zu finden, macht Menschen mutlos. Das Gefühl der Nutzlosigkeit koste viel Kraft, die effizienter in die Integration auf einen Arbeitsplatz investiert werden könnte. Bayer schlägt Beschäftigung mit menschlichen Unterstützungsangeboten vor, etwa flexible Arbeitszeitmodelle für Alleinerzieher/innen und berufsbegleitende Deutschkurse für Menschen, die aus anderen Ländern gekommen sind.
Arbeitslosengeld und Sozialhilfe. Viele Menschen, die bei der Caritas Hilfe suchen, sind von Arbeitslosigkeit betroffen, sagt Diplomsozialarbeiter Franz Xaver Mayr, der bei der Caritas für Menschen in Not Leiter von Beratung und Hilfe und Schwangerenberatung Linz ist. Häufig reiche das Arbeitslosengeld oder die Notstandshilfe nicht, was die Betroffenen zwinge, sich an die Sozialhilfe um weitere Unterstützung zu wenden. Es gebe aber Informationsdefizite und sonstige Hürden. Daher wäre es für viele eine Erleichterung, so Mayr, die beiden Systeme – Arbeitslosenunterstützung und Sozialhilfe – zusammenzuführen.
Arbeitskosten senken. Dr. Rudolf Winter-Ebmer, Volkswirtschaftsprofessor an der Universität Linz, schlägt vor, die Arbeitskosten von Personen mit Jobschwierigkeiten und von weniger qualifizierten Arbeitssuchenden zu reduzieren. Das könne man durch noch stärkere Senkung ihrer Sozialversicherungsbeiträge erreichen oder dadurch, dass man eventuell Lohnsubventionen gewährt. „Durch zunehmende Globalisierung und schnellere Jobabläufe wird es für Personen, die nicht dem ,Idealbild‘ einer Arbeitskraft entsprechen – nämlich jung, dynamisch, gut gebildet, mit viel Joberfahrung – immer schwieriger.“
Gutes Umfeld für Investitionsbereitschaft. Der Präsident der Wirtschaftskammer Oberösterreich, Dr. Rudolf Trauner, weist darauf hin, dass Oberösterreich seit Jahren das Bundesland mit den niedrigsten Arbeitslosenzahlen ist. „Diese erfreuliche Tatsache basiert auf einer vorausschauenden Politik und dem enormen Engagement der oberösterreichischen Unternehmerinnen und Unternehmer. Ziel muss es sein, ihnen auch weiter ein Umfeld zu bieten, das ein höchstmögliches Maß an Innovations- und Investitionsbereitschaft garantiert.“
Bund muss finanziell absichern. Die Frauenvorsitzende des ÖGB Oberösterreich und Vizepräsidentin der Arbeiterkammer Oberösterreich, Christine Lengauer, hält viel von speziellen Qualifizierungsangeboten für Frauen, etwa von der oberösterreichischen „Fem Implacementstiftung“. Diese dient den Frauen als Berufs-Neuorientierung und Wiedereinstieg in besser bezahlte technische Berufe. „Diese Angebote müsste der Bund finanziell absichern. Qualifizierte Arbeitnehmer/innen sind von Arbeitslosigkeit nicht so oft betroffen“, sagt die ÖGB-Frauenvorsitzende.