Der Missbrauchsfall „Fritzl“ ist zurzeit aus den Medien verschwunden, vor Ort und in der Pfarre Amstetten-St. Stephan bleibt das Thema gegenwärtig.
Die Sprachlosigkeit, die bei Bekanntwerden die Situation geprägt hat, wird ein Stück weit bleiben, meint Pfarrer Peter Bösendorfer: „Das werden wir nie ganz überwinden.“ Gleichzeitig wird viel geredet: Vor allem in den Runden der Pfarre kommt immer wieder die Sprache auf den Zusammenhang von Glaube und dem unvorstellbaren Ausmaß des Missbrauchs. Was heißt Erbsünde? Gibt es absolut böse Menschen oder gar den Teufel in Menschengestalt? – Fragen, die nicht einfach zu beantworten sind, betont der Pfarrer: „Weil man um die Beantwortung jeweils neu ringen muss.“
Wohnhaus als Mahnmal. Dass in Amstetten diese Fragen nicht vergessen werden, dafür sorgt allein schon das Haus der Fritzls. Es ist wie ein Mahnmal der Erinnerung: „Wann immer ich daran vorbeikomme, frage ich mich, wie es der Familie wohl geht.“ Aus Gesprächen weiß der Pfarrer, dass viele Amstettner genauso denken. Zum Beispiel stehen über die Ferien wichtige Entscheidungen über den weiteren Schul- und Ausbildungsweg jener drei Geschwister an, die in Freiheit lebten.
Über Missbrauch predigen. Für den Pfarrer heißt auch eine Konsequenz, dass er in der Predigt und Verkündigung Fragen von Missbrauch und Gewalt noch konkreter ansprechen wird. Dass das Thema brennt, zeigte kürzlich die Veranstaltung der Pfarre mit dem Titel „Schluss mit dem Schweigen“. An die 130 Leuten sind gekommen. Im Herbst folgen zwei weitere Veranstaltungen.
Im Gebet begleiten. Selbstverständlich begleitet Pfarrer Bösendorfer Familie Fritzl persönlich im Gebet: „Ich empfinde und spüre für mich, dass das ganz wichtig ist.“ So hat auch die Familie in den Fürbitten bei Gottesdiensten einen Platz in der Pfarre: „Das ist jene Weise, wie wir der Familie in ihrer aktuellen Lage nahe sein können.“