Österreichs kleinstrukturierte Landwirtschaft steht im Konkurrenzkampf mit der weltweiten Agrarindustrie. Langfristig gibt es ein Überleben eher mit der Kleinstruktur, meinen Papst und Bio-Landwirt/innen.
Ausgabe: 2016/42
18.10.2016 - Matthäus Fellinger
Kaum ein Papstschreiben hat außerhalb der Kirche so viel Echo gefunden wie „Laudato si’“– die Umweltenzyklika von Papst Franziskus (Mai 2015). Der Landwirtschaft misst der Papst darin eine Schlüsselrolle für eine nachhaltige Entwicklung zu. Oberösterreichs Biobäuerinnen und -bauern wollen sich mit den Inhalten des Papstschreibens auseinandersetzen. Franziskus spricht sich deutlich für kleinbäuerliche Strukturen aus – denn Kleinbauern würden einen Großteil der Weltbevölkerung ernähren.
„Ich halte die Enzyklika in ihrer Analyse für sehr wirklichkeitsnah“, meint Bio-Austria-Obmann Franz Waldenberger. Landwirtschaft hätte eine starke spirituelle Seite, meint er: „Alles ist mit allem verbunden, dies zeigt kein Wirtschaftszweig so deutlich auf wie jener der Landwirtschaft.“ Deshalb fühlten sich gerade Bio-Bäuerinnen und -Bauern den Grundprinzipien von Gesundheit, Ökologie und Gerechtigkeit verpflichtet – und er fügt hinzu: „Es ist uns klar, dass wir Bauern diesen Weg nicht allein gehen können.“ Es liegt auch an den Konsumentinnen und Konsumenten, ob die kleinbäuerlichen Strukturen eine Zukunftschance haben.
Papst Franziskus ist in „Laudato si’“ deutlich. Die kleinbäuerlichen Systeme ernähren einen Großteil der Weltbevölkerung, während die Agrarindustrie wichtige Ressourcen wie Wasser verbraucht und die Produktionsvielfalt weltweit gefährdet.
„Laudato si’“ als Basis
Im Bildunghaus Schloss Puchberg wollen sich die Bio-Landwirte am 27. Oktober mit „Laudato si’“ auseinandersetzen. Sie haben dazu den Linzer Moraltheologen Michael Rosenberger eingeladen. Dieser spricht sich für neue Regeln auf Weltebene und für eine andere Förderpolitik in der Europäischen Union aus. Große Mitgliedsstaaten verhinderten bislang aber eine von Brüssel angestrebte alternative Förderpolitik.
Frauen für Klimaschutz
Letzte Woche hat auch die Katholische Frauenbewegung Österreichs ein starkes Votum für kleinbäuerliche Strukturen abgegeben. „Landwirtschaft und Konsument/innen sind wesentliche Akteur/innen im Kampf um den Klimaschutz“, betonten Bundesbäuerin Andrea Schwarzmann und kfbö-Vorsitzende Veronika Pernsteiner. Sie fordern auf, saisonale und regionale Produkte zu bevorzugen und Verschwendung zu vermeiden.
In Österreich sind knapp 18 Prozent der rund 116.400 landwirtschaftlichen Betriebe biozertifiziert. Sie bewirtschaften 21 Prozent der agrarischen Fläche. Doch auch der Großteil der weiteren bäuerlichen Anwesen sind Kleinbetriebe.
Do., 27. Oktober, 20 Uhr. „Der Papst und die (Bio-)Landwirtschaft“, mit Prof. Michael Rosenberger. Bildungshaus Schloss Puchberg, Wels. Anmeldung: Tel. 050/60 02-15 00.
Interview
Prof. Michael Rosenberger
Warum misst der Papst der Landwirtschaft so große Bedeutung bei?
Michael Rosenberger: Ökologisch betrachtet ist die Landwirtschaft einer der größten Mitverursacher des Treibhauseffekts und die größte Bedrohung der weltweiten Biodiversität. Unter sozialen Gesichtspunkten ist sie ein Schlüssel zur Bekämpfung von Armut und Hunger. Damit kommt ihr eine zentrale Rolle zu, wenn wir zu einer nachhaltigen Entwicklung kommen wollen.
Was erwartet Papst Franziskus von den Landwirt/innen?
Rosenberger: Aus „Laudato si’“ ergeben sich folgende Impulse: die Minimierung von Spritz- und Düngemitteln, der extrem achtsame Umgang mit dem Boden und sein Schutz vor Erosion sowie der äußerst behutsame Umgang mit Wasser. Letzteres ist in Österreich (noch) kein großes Problem, aber die ersten beiden Herausforderungen sind in Österreich höchst aktuell.
Was ist von der Politik gefordert?
Rosenberger: Papst Franziskus setzt, wie auch die UNESCO und wie praktisch sämtliche kirchlichen Organisationen, die in der Entwicklungszusammenarbeit tätig sind, auf kleinbäuerliche Strukturen. Nur solche Strukturen können den Hunger effektiv bekämpfen und die Umwelt dauerhaft schützen. Die momentanen Regeln auf den Weltmärkten begünstigen aber immer weiter wachsende landwirtschaftliche Großbetriebe und verdrängen die Kleinen.