Die ökumenische Reise führte in die Niederlande und nach Belgien (Reportage)
Ausgabe: 2008/36, Reportage, Kirdhen, Reise, Niederlande, Belgien, Amsterdam, Christen, Klima
03.09.2008 - Matthäus Fellinger
Die Niederlande haben reiche Erfahrung im Kampf gegen Sturmfluten, doch kirchlich gesehen ist eher die Ebbe das Problem. Die ökumenische Reise führte heuer in die Niederlande und nach Belgien.
Es ist Sonntag, 12 Uhr Mittag. Die Pfarrgemeinde der Vredeskerk in Amsterdam feiert zusammen mit der afrikanischen und der philippinischen Gemeinde das Fest Mariä Himmelfahrt – am Sonntag, weil der 15. August hier kein Feiertag ist. Pfarrer Pierre Valkering hat mit solchen gemeinsamen Festen schon vor einigen Jahren begonnen – und Aufmerksamkeit gefunden.
Amsterdamer Eindrücke. Dass seine Kirche offen ist, ist sein wichtigster Grundsatz als Seelsorger. Kirche soll sichtbar sein. Deshalb auch die Prozessionen. Unter den Feiernden an diesem Sonntag sind auch die 47 Teilnehmer/innen der ökumenischen Reise der KirchenZeitung Linz und des Evangelischen Bildungswerkes OÖ. Fast zwei Stunden dauert der Festgottesdienst, dann folgt die Prozession durch das Stadtviertel. Zuletzt treffen sich die Feiernden in der afrikanischen Gemeinde zu einer fröhlichen Agape. Am Nachmittag desselben Tages: Eine Prozession ganz anderer Art: eine Art Love-Parade bewegt sich durch die Gassen der Stadt, und die Teilnehmer der ökumenischen Reise zwängen sich durch das Gewühl, um zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt zu gelangen.
Christen sind Minderheit. In den Niederlanden bilden die Kirchen eine Minderheit. Rund 42 Prozent der Menschen sind ohne religiöses Bekenntnis. Katholiken bilden ein Viertel der Gesellschaft, Evangelische gibt es halb so viele. Vor vier Jahren haben sich die verschiedenen evangelischen Kirchen zur Protestantischen Kirche der Niederlande zusammengeschlossen. Ilona Fritz ist deren Präsidentin. Der oberösterreichischen Reisegruppe zeigt sie das Gemeindehaus im südlichen Amsterdam. Mehrere christliche Kirchen haben dieses Zentrum in einem neuen Stadtteil gemeinsam errichtet. Noch vor wenigen Jahren mussten die Gemeinden ihre Gottesdienste in Garagen oder auch in Einkaufszentren feiern. Die Stadt erlaubte den Bau von Kirchen nicht – weil man das Christentum für eine aussterbende Sache hielt.
Gelebte Ökumene. Doch hier im Süden Amsterdams kam es anders. Hier leben vor allem Menschen, die aus ehemaligen Kolonien hergezogen sind. An einem Sonntag finden hier nacheinander die Gottesdienste, der verschiedenen Kirchen statt: Katholiken, evangelische Kirchen, Altkatholiken. Die Verantwortlichen der einzelnen Gemeinden treffen sich regelmäßig. Ökumene ist hier in Amsterdam bereits jeden Sonntag spürbar. Es sind aber Ausnahmen. Ansonsten herrscht eher Ebbe in den niederländischen Kirchen. Die Routen der Reiseführer führen an den bedeutenden Kirchen vorbei – wenn man nicht ausdrücklich einen Stopp verlangt. Eine Vertrauenskrise zwischen Kirchenleitung und Volk betrifft auch die katholische Kirche, die nach dem Konzil von großer ‚Aufbruchstimmung geprägt war.
Dämme gegen die Flut. Draußen an der Atlantikküste haben die Niederlande mit der Errichtung der Delta-Werke einen gigantischen Damm gegen drohende Überflutungen geschaffen. 1953 hat eine gewaltige Sturmflut das teils unter dem Meeresspiegel liegende Land getroffen. Meisterleistungen der Ingenieure sollten das Land sicher machen, wenn nicht die Klimaerwärmung einen Strich durch die Rechnung macht. Kirchlich gesehen ist nicht die Flut das Problem. Da versuchen die Kirchen gegen die Ebbe anzukämpfen. Die ökumenische Reisegruppe besuchte auch Belgien. Da ist die „Verweltlichung“ ebenso weit fortgeschritten.