Der Überblick über das Markusjahr lässt bei genauerem Hinsehen verschiedene Lücken in der kontinuierlichen Lektüre des Markusevangeliums in diesem Kirchenjahr erkennen (vgl. die vorhergehende Folge sowie den entsprechend aufbereiteten Text des Markusevangeliums unter www.kirchenzeitung.at). Diese Lücken haben nach Ursache und Umfang verschiedenen Charakter:Mehrere Sonntage im Jahreskreis werden in diesem Kalenderjahr durch Feste verdrängt; damit entfallen die entsprechenden Evangelienabschnitte:
– das Fest der Bekehrung des Paulus am 25. Jänner 2009 verdrängt den 3. Sonntag im Jahreskreis (So/Jk) mit Mk 1, 14–20,– das Hochfest Dreifaltigkeitssonntag am 7. Juni 2009 verdrängt den 10. So/Jk mit Mk 3, 20–35 und
– das Hochfest Allerheiligen am 1. November 2009 verdrängt den 31. So/Jk mit Mk 12, 28b–34.
Aufgrund des kalenderbedingten Rhythmus im Kirchenjahr entfallen heuer der 8. und 9. So/Jk und damit die Leseabschnitte Mk 2, 18–22 und Mk 2, 23 – 3, 6.
Neben den genannten Lücken, die sich aus dem Ablauf dieses konkreten Lesejahres ergeben, fallen andere besonders ins Gewicht, die durch die Leseordnung selber und in jedem Markuslesejahr vorgegeben sind. Sie betreffen folgende Textabschnitte bzw. Erzähleinheiten: (siehe Kasten!)
Vor allem zwei Beobachtungen unterstreicht diese Liste (einzelne ausgelassene Verbindungsverse wurden nicht aufgenommen):
In der Verkündigung aus dem Markusevangelium im Lesejahr fehlen wichtige Texteinheiten. Zu erwähnen sind insbesondere die Berufungserzählungen (des Levi, des Zwölferkreises), wichtige Gleichnisse, beide Speisungserzählungen sowie Heilungserzählungen, die sowohl im überlieferten Glaubensbewusstsein als auch im kulturell-künstlerischen Erbe unserer Kirche einen breiten Raum einnehmen (z. B. besessener Gerasener; Tochter der syrophönizischen Frau).
Angesichts dieses reichhaltigen Lücken-Befundes ist es nur schwer verständlich, warum während fünf Sonntagen (17. bis 21. So/Jk) nicht Texte aus dem Markusevangelium, sondern aus dem Johannesevangelium in die Leseordnung eingefügt wurden. An aussagekräftigen Texteinheiten, die aus Markus zu ergänzen wären, fehlt es ja nicht.
Diese kritischen Feststellungen können durch weitere Beobachtungen ergänzt werden, die in der nächsten Folge zur Sprache kommen.
Dr. Walter Kirchschläger, Professor für Auslegung des Neuen Testaments, Theol. Fakultät, Universität Luzern
Lesen Sie kommende Woche hier: Von verlorenen Versen und Zwischenlücken
Lücken im Markusjahr 09: Vorschlag für Bibelarbeit
Gruppieren Sie die Liste der ausgelassenen Texteinheiten nach inhaltlichen Gesichtspunkten(z. B. Heilungen, Gleichnisse usw.).
Suchen Sie für jede der so entstandenen thematischen Gruppen Texteinheiten, die während des Lesejahres gelesen werden (also: eine Heilung, ein Gleichnis ...).
Stellen Sie sich nach dieser Vorarbeit folgende Kontrollfragen:
Umfassen die Texteinheiten der Leseordnung die wichtigen inhaltlichen Aspekte des Markusevangeliums?
Können Sie (anhand des Vergleichs mit den ausgelassenen Textabschnitten) allenfalls fehlende inhaltliche Gesichtspunkte benennen?
(Verwenden Sie für diese Aufgabe den entsprechend markierten Text desMarkusevangeliums)
WALTER KIRCHSCHLÄGER, Professor für Auslegung des Neuen Testaments, Theol. Fakultät, Universität Luzern
In diesem LINK finden Sie zur Serie Anregungen zur Bibelarbeit bzw. das Markus-Evangelium, farblich markiert in den gelesenen und nichtgelesenen Texten im Lesejahr B.