Keine Bischofsernennung in Oberösterreich hat so viel Diskussionen ausgelöst wie die von Dr. Gerhard Wagner. Nachdem wir in der letzten Ausgabe das bisherige Wirken Wagners dargestellt haben, geht es nundarum: Wie denkt der künftige Weihbischof in wichtigen Fragen der Kirche?
Fühlen Sie sich in der Diözese Linz unfreundlich aufgenommen? Dr. Gerhard Maria Wagner: Der erste Gruß war mit viel Kritik verbunden, aber ich sehe das als Chance, mich darauf einzustellen und manches zu verdeutlichen, als Gelegenheit, zum wahren Bild des Pfarrers in Windischgarsten etwas beitragen zu können.
Haben Sie mit Ihrer Bestellung spezielle Aufträge mitbekommen? Nein, nicht von der Nuntiatur in Wien, und was mein Bischof möchte, dass ich übernehme, ist noch nicht geklärt.
Was ist in der Diözese Linz besonders gut? Die Stärke liegt im ganz konkreten Apostolat. Da ist viel Bewegung drinnen. Die Leute stehen im Dienst der Kirche, da bewegt sich viel – das muss man positiv feststellen.
Meinen Sie damit die Katholische Aktion? Natürlich. Dazu stehe ich. In meiner Pfarre haben wir eine lebendige Katholische Frauenbewegung, die Männerbewegung Gott sei Dank auch noch, und vor allem haben wir viel Kinder- und Jugendarbeit. Diese Apostolatsform ist eine wesentliche.
Wo sehen Sie in der Diözese Korrekturbedarf? Es geht schon um die Richtung und um das Kirchenbild. Im Moment rückt man sehr das Strukturelle in den Vordergrund. Ich stehe voll zum Zweiten Vatikanischen Konzil, das ist für mich gar nicht anders denkbar. Deutlicher muss noch werden: Wo Petrus ist, da ist die Kirche. Das Eingebundensein in die Kirche als Ganzes ist auch für die Kirche am Ort grundlegend wichtig.
Ist die Diözese Linz Ihrer Ansicht nach einen zu eigenständigen Weg gegangen? Ich glaube schon. Es ist nicht umsonst immer wieder vom „Linzer Weg“ die Rede. Selbstverständlich: In der Ortskirche von Linz lebt die Kirche, aber sie lebt erst dann, wenn sie eingebunden ist in das Ganze. Ich wünsche mir einfach Loyalität zum Papst und eine intensive Beziehung auch zur Weltkirche.
Also eine bessere Beziehung zu Rom? Nein, zur Kirche, die römisch-katholisch ist. Es geht um keine Engführung auf Rom, es geht um das Umfassende der Kirche. Unsere Probleme müssen im Kontext dieser Weltkirche gelöst werden.
Das Linzer Domkapitel hat die Hoffnung auf ein integratives Wirken zum Ausdruck gebracht. Ist das auch Ihr Wunsch? Ja, selbstverständlich. Ich komme nicht als Exot, sondern setze auf die vielen Kräfte und bitte um Zusammenarbeit. Da ist das Integrative etwas ganz Wichtiges. Es war auch mein Weg hier in der Pfarre, auf die Zusammenarbeit mit den Menschen zu bauen. Das Entgegengehen, die ausgestreckte Hand ist für mich etwas ganz Entscheidendes. Es ist wichtig, dass man Hörender bleibt, aber auch weiß: Ich habe eine Verantwortung. Und das wird sich auch immer nur im Hören ereignen können.
Welchen Weihbischof dürfen Pfarren erwarten, wenn Sie zur Visitation kommen? Ich bin immer Seelsorger gewesen, möchte das auch in Zukunft sein und ich hoffe, dass ich das in den Visitationen sein kann. Ich will auf die Menschen zugehen, für sie da sein. Ich hoffe, dass sich viele Gelegenheiten bieten, wo ich den Menschen wirklich begegnen kann, wo ich auch mit Sorgen und Nöten konfrontiert werde und wo ich den Menschen Mut machen kann – den Mut zum Christlichen, zum Katholischen.
Im Zusammenhang mit der Ernennung haben viele, auch kirchliche Mitarbeiter, Sorgen und Ängste geäußert. Niemand braucht sich fürchten. Ich bemühe mich um einen menschlichen Umgang. Warum soll es mir nicht gelingen? Und übrigens: Man ist als Weihbischof gar nicht so wichtig.
Es gibt nicht wenige Pfarren, in denen ein Seelsorgeteam oder ein/e Pfarrassistent/in wirkt. Sehen Sie das positiv? Grundsätzlich ja, weil ich die konstruktive Arbeit der Laien als notwendig und dringend erachte. Auf der anderen Seite darf man jedoch die Situation des Priesters nicht außer Acht lassen. Wenn durch dieses Konzept Priester an den Rand geraten, dann wäre dieses Konzept nicht denkbar. Wenn aber der Priester als Geweihter für die Seelsorge auch verantwortlich ist, und er dabei in den Laien in verschiedensten Funktionen ein Team und Mithilfe findet, dann ist es eine große Sache.Man soll als Priester machen, was zum Wesen des Priesters gehört, und als Laie, was auch das Wesen des Laien ausmacht.
Sie sprechen von hauptamtlichen Laien? Selbstverständlich. Der Laie, der im Diensteiner Pfarrgemeinde steht, ist gefordert. Wo ein Konkurrenzverhältnis da ist, ist das nicht gut.
Wenn es künftig nicht deutlich mehr Priester aus der eigenen Diözese gibt – wie lautet dann Ihr Rat? Dr. Gerhard Wagner: Ich glaube, dass wir alles nützen müssen, um Priesterberufungen zu forcieren. Ich habe es mir zur persönlichen Aufgabe gemacht, für die Priester etwas zu tun, ich möchte ihnen sagen, wie wichtig sie für unsere Zeit sind. Ich denke auch, dass der Priester wieder ein Thema in der Öffentlichkeit werden muss. Ich werde sehr stark auf die Berufungspastoral setzen. Im Übrigen: Wir sind einst nach Asien und Afrika gegangen, um der Kirche auf die Füße zu verhelfen. Warum sollten diese heute nicht kommen, um uns behilflich zu sein? Wenn Priester uns heute helfen, ist das ein Auftritt der Weltkirche.
Mit Bedingungen? Selbstverständlich. Da gehört eine Infrastruktur her, dass diese Priester auch heimisch werden und nicht nur eine Pfarre versorgen.
Welche Gruppen möchten Sie vorrangig besuchen? Neben den Aufgaben, die der Bischof mir gibt: Ich komme gerne zu allen, die mich einladen.
Sie sind Mitglied im „Linzer Priesterkreis“, der eher in Opposition zur Diözesanleitung stand. Wollen Sie diese Priester stärker in die Mitte der Diözese führen? Ich glaube, dass das wahrscheinlich mit der Ernennung gegeben ist, weil sie sich jetzt irgendwo verstanden fühlen. Ich halte den „Linzer Priesterkreis“ nicht für ein Wächtersystem. Es sind Priester, die sich auch Sorgen machen. Aber wenn ich auf die einen zugehe, gehe ich auf die anderen auch zu. Es ist verdächtig, wenn man jemand ausgrenzt. Ich würde jeden ins Boot holen.
Man erlebt es selten, dass ein Priester heute von der Kanzel aus predigt. Warum tun Sie das? Ich tue das seit 20 Jahren. Es ist ja kein Vortrag, der gehalten wird, sondern es ist lebendige Verkündigung. Aber: Ich will nicht von oben herab predigen. Die Kanzel erlaubt es mir sogar, inmitten der Leute zu predigen.
Werden im Dom Ministrantinnen bei Ihnen ministrieren? Der Papst hat Ministrantinnen gestattet. Wenn im Dom welche da sind, werden sie bei mir auch ministrieren.
Mit welchem Gefühl gehen Sie nun in die diözesanen Gremien Pastoralrat, Priesterrat, Dechantenkonferenz? Grundsätzlich mit einem guten Gefühl. Ich hoffe, dass dort mein Wort auch ein wenig Gehör findet. Wenn ich dazugehöre, dann bin ich ganz dabei.
Wie werden Sie die Zeit bis zur Weihe verbringen? Wenn die Zeitung herauskommt, bin ich gerade in Rom, um mich bischöflich einzukleiden und mir manches zu besorgen. Weltkirche möchte ich auch genießen. Ich bin noch in der Pfarre, wo zu tun ist, was zu tun ist. In der Woche vor der Weihe werde ich in einem oberösterreichischen Kloster Exerzitien machen.
Das Interview wurde bereits am Do., 5. 2. geführt.