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Sie waren Laien, und sie predigten das Evangelium in der Volkssprache, in einer Zeit, in der das Predigen dem Klerus der Kirche vorbehalten war. In freiwilliger Armut und Besitzlosigkeit wollten die Waldenser leben – wie die Apostel in der Nachfolge Jesu.
Als die germanischen Völker im Westen am Ausgang der Antike das Christentum annahmen und gleichzeitig der Kontakt mit der Ostkirche allmählich verloren ging, führte dies zu einer eigenen Kirchenentwicklung im Abendland. In der germanischen Welt herrschte eine genaue Standesordnung: Fürsten, Adelige, Halbfreie, Hörige. Dieses Feudalsystem brach im Mittelalter in die Kirche ein. Mit der Adelsherrschaft durch den hohen Klerus, der Bischöfe und Päpste, die als Fürsten und nicht als Hirten ihr Amt ausübten, verlor man schrittweise Wesentliches des Evangeliums aus den Augen.
Allerdings war das Christentum nicht als Ganzes verfallen. Es gab immer wieder Erneuerungsbestrebungen. Schon im 11. Jh. ist die wichtige Reformbewegung der Benediktiner von Cluny zu nennen. Ab dem 13. Jh. entstanden die sogenannten Bettelorden. Und es gab immer wieder einzelne Glaubenszeugen wie Petrus Waldes, Jan Hus, Katharina von Siena oder Brigitta von Schweden. Die feudale katholische Adelskirche war wohl in einem eher misslichen Zustand, zugleich brachte das Christentum aber von der Basis immer wieder Mahnerinnen und Mahner hervor, die die Kirche glaubwürdig machten.
„Verkaufe alles und gib es den Armen“. Einer davon war Petrus Waldes, Seidenkaufmann aus Lyon. Er war ob seiner intensiven Bibellektüre innerlich erschüttert und er machte ernst mit Matthäus 19, 21: „Gehe hin, verkaufe alles und gib es den Armen.“ Waldes erkannte seine Pflicht in der Predigt unter den Armen, die er um sich sammelte. Sein Bischof verbot ihm und seinen Anhängern die Laienpredigt. Papst Alexander III. jedoch lobte auf dem 3. Laterankonzil (1179) die Armut der Waldenser und das grundsätzliche Anliegen Waldes’. Der Papst gestattete ausdrücklich die reine Bußpredigt.Die Waldenser forderten ein Leben in freiwilliger Armut, das Bibelstudium in der Muttersprache und die Verbreitung des Evangeliums auch durch Laienprediger. Sie lehnten die übertriebene Heiligenverehrung ebenso ab wie die Todesstrafe und die Kindertaufe – sie forderten das bewusste persönliche Bekenntnis des Erwachsenen.
Unbequemer Mahner. Aufgrund des Reichtums der Kirchenfürsten waren die Armutsbewegungen heftige Kirchenkritik. Waldes ging nun so weit zu verkündigen, dass jene, die nur das Geringste besäßen, schon außerhalb der Kirche stehen. Für ihn besaß deshalb der hohe Klerus kein Recht, den Glauben zu verkünden. Auf solche Weise herausgefordert antworteten Papst Lucius III. und die Synode von Verona (1184) mit der Exkommunikation. Die Waldenser wurden ein Fall für die Inquisition und als Ketzer in ganz Europa verfolgt. Ihre Bewegung wurde etwa in den deutschsprachigen Ländern völlig ausgelöscht. In die Geschichte eingegangen ist das Blutgericht von Steyr im Jahr 1397, als etwa 100 Waldenser auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurden.
Heute leben die meisten Waldenser in Italien. 1855 gründeten sie eine theologische Fakultät, die seit 1922 in Rom ist. Volle Religionsfreiheit erhielten sie erst 1984. Im Januar 2005 wurde im norditalienischen Pinerolo bei Turin ein Denkmal zur Erinnerung an ihre Verfolgung enthüllt. Es ist das erste ökumenische Monument in Italien überhaupt und wurde gemeinsam mit dem römisch-katholischen Bischof von Pinerolo in Auftrag gegeben.
Die Waldenser wurden Opfer des Konflikts zwischen Charisma und Institution, spontaner christlicher Bewegung und hierarchischem Rechtsdenken. Franz von Assisi aber wird den Weg der Armutsbewegungen in der Kirche zur Vollendung bringen.
Dietmar W. Winkler Professor für Patristik und Kirchengeschichte, Universität Salzburg
Das Leben des Petrus Waldes
- reicher Seidenkaufmann in Lyon - um 1170 Verkauf seines Besitzes und Predigt unter den Armen von Lyon - 1179 Predigterlaubnis von Papst Alexander III. - Radikalisierung seiner Armutsforderung - 1184 Exkommunikation - gestorben vor 1218
Lesen Sie kommende Woche hier: Katharina von Siena – die Kirchenlehrerin