Am 27. September sind Landtags- und Gemeinderatswahlen in Oberösterreich. Aber: Wie viel Spielraum haben die Bundesländer eigentlich im Staate Österreich?
Eine Regenbogenforelle in der Enns hält sich im Dezember besser auf der oberösterreichischen Seite auf. Dort hat sie bereits Schonzeit, während sie am niederösterreichischen Ufer noch gefangen werden darf. Und wollen 15-Jährige in der Steiermark in einer Jugendherberge übernachten, geht das nur mit einer Begleitperson. In Tirol genügt die schriftliche Erlaubnis der Eltern. Jagd-, Fischereirecht und Jugendschutz: das sind typische Landeskompetenzen. Das Bestattungswesen oder die Katastrophenhilfe auch.
Österreich ist ein Bundesstaat, der aus neun selbstständigen Ländern gebildet wird. Die österreichische Verfassung räumt dem Bund dabei ein hohes Gewicht ein. Trotzdem: Wichtigere als die bereits genannten Kompetenzen liegen bei den Ländern. Die Kompetenzverteilung ist Dauerthema in der Politik. Zuletzt forderte das Nachrichtenmagazin „profil“ – weil zu teuer – gar die Abschaffung der Bundesländer. Andererseits: Selbst die Europäische Union unterstreicht die Bedeutung der Regionen und nimmt zunehmend Bedacht auf regionale und lokale Gegebenheiten. Dr. Gerald Grabensteiner kennt als Verfassungsjurist der Oö. Landesregierung die Thematik. Grundsätzlich sollte die übergeordnete Ebene – der Bund – nur so viel regeln, wie auf der unteren, dafür bürgernäheren Ebene – den Ländern – nicht sinnvoll geregelt werden kann, meint er. Baurecht, Raumordnung, Naturschutz, Landwirtschaft und Umweltpolitik sind – so Grabensteiner – die wichtigen Bereiche in Landeskompetenz. Auch der Fremdenverkehr ist Ländersache, der Bereich Soziales und Pflegewesen auch. Fragen der öffentlichen Sicherheit hingegen fallen – auch wenn sie auf Landeswahlplakaten zu finden sind – in die Bundeskompetenz. Hier können die Bundesländer zwar ihre Wünsche an den Bund richten, sie sind aber selbst nicht entscheidungsbefugt.
Einfluss durch Fördern. Trotzdem haben die Bundesländer Möglichkeiten, auch bei Bundesangelegenheiten mitzugestalten – am wirksamsten auf dem Weg der Vergabe von Fördermitteln. Bundesstraßen, Autobahnen und der Bahnausbau sind zwar Bundessache, doch kann das Land durch Vergabe von Fördermitteln durchaus erwirken, dass ein Projekt realisiert wird, betont Grabensteiner.
Das politische Gewicht der Länder. Landtagswahlkämpfe ließen sich mit den Themen, die in der rechtliche Zuständigkeit des Landtages fallen, kaum erfolgreich bestreiten, betont der Wiener Staatsrechtsexperte Univ. Prof. Theo Öhlinger. Die Möglichkeiten der Landespolitik gehen über die rein rechtlichen Zuständigkeiten weit hinaus, meint Öhlinger. Sie „betreffen alle Aspekte eines Landes als Lebensraum und Wirtschaftsstandort, und sei es auch nur, dass die einschlägigen Interessen des Landes wirksam gegenüber dem Bund vertreten werden.“ Insofern „können auch Themen, die nicht in die Gesetzgebungskompetenz der Länder fallen, aber für ein Land politisch wichtig sind, sinnvollerweise zum Thema eines Landtagswahlkampfes gemacht werden.“ Rahmenbedingungen für die Wirtschaft, Arbeitsplatzprobleme und Fragen der Gesundheit und Lebensqualität sind in diesem Sinne sehr wohl auch mit Landesinteressen verbunden, die es durchzusetzen gilt.
Übergeordnete Interessen. Der Grundgedanke des Föderalismus ist, dass jeder das macht, was er am besten kann, betont Gerald Grabensteiner. Dass das Pensionsrecht bundeseinheitlich geregelt ist, ist ebenso unumstritten wie, dass Steuerregelungen besser im Bund aufgehoben sind. Kompliziert ist die Sache im Schul- und Bildungswesen. Pflichtschulagenden sind Landessache. Bezahlt werden die Lehrkräfte vom Bund. Das Dienst- und Personalvertretungsrecht der Lehrer liegt wiederum bei den Ländern, in gleicher Weise bei den Kindergärten. Die seit Längerem schwelende Diskussion um eine Abschaffung der Landesschulräte zeugt von den Spannungen in diesem Bereich. Im Landtagswahlkampf 2003 gab es heftige Auseinandersetzungen um die Wasser-Ressourcen des Landes. Das Wasserrecht allerdings fällt in die Zuständigkeit des Bundes. Von Landespolitikern gemachte Versprechungen müssten hier von den Bundespolitikern eingehalten werden. Ähnlich im Ein- und Auswanderungswesen. Gesetzlich klar eine Bundeskompetenz. Aber die Plakate können ja nichts dafür, wo sie stehen.