Seit 8. Dezember sind sie wieder unterwegs, die „Salzburger Anklöpfler“. Bis knapp vor Weihnachten werden sie an die 40 bis 50 Familien besuchen, in Altenheimen, Behinderteneinrichtungen und auf Krankenstationen singen und auch – ohne Bestellung – an manche Tür klopfen, wo sie wissen, dass da jemand krank ist oder alt und nicht mehr aus dem Haus kommt. Fast jeden Tag ziehen sie am Abend, an den Wochenenden schon am Nachmittag, ihre Hirtengewänder an und brechen auf zu ihrer „Mission“: Freude zu schenken. Sie verkünden in ihren Liedern vom Warten auf den Messias, von der Botschaft des Engels an Maria, von den Hirten auf dem Feld. „Dass wir als Hirten verkleidet in die Häuser kommen, hat schon einen tieferen Sinn“, meint Toni Ehammer. „Sie waren die Ersten, die sich von der Menschwerdung Gottes berühren ließen und ihre Freude darüber weitererzählt haben.“
Die Wurzeln. Begonnen haben die fünf inzwischen schon angegrauten Herren vor über 30 Jahren aus „Freude am gemeinsamen Singen“, erzählt Ehammer. Drei von ihnen haben den Brauch bereits von ihrer Schulzeit am erzbischöflichen Gymnasium Borromäum gekannt, „wo wir als Siebtklassler immer als Anklöpfler gegangen sind“. Im Übrigen seien die „Salzburger Anklöpfler“ ein typisches Beispiel für Integration, meint Ehammer lachend. Er selbst und Rupert Achrainer kommen aus Hopfgarten in Tirol, Hans Kofler aus Osttirol, Karl Achleitner aus Eferding (OÖ) und der Lungauer Peter Zeiner wurde in der Steiermark geboren. „Humor“, meint Ehammer zu seinem durchaus doppelbödig gemeinten Zuwanderer-Hinweis, „ist ja auch Verkündigung und daher Teil unseres Programms.“
Berühren und anregen. Dass sie in ihren Liedern und kurzen Texten die Botschaft von Weihnachten verkünden, ist allen fünf Sängern „gerade heute“ ein Anliegen. „Laut berauscht ist unsere Welt, mancher spürt wohl, was uns fehlt, hinter Scheiben Einsamkeit, vieles haben wir entweiht …“ heißt es in einem ihrer Texte. „Wir stellen immer wieder fest, wie unsere alten, meist volkstümlich eingefärbten mehrstimmigen Lieder die Menschen berühren. Viele Gespräche beim anschließenden Zusammensitzen am Familientisch ergeben sich aber auch aus den kritischen Sätzen, die ich spontan im Programm einflechte, etwa über die Einkaufswut am Marienfeiertag“, berichtet Ehammer.
Zeit haben. Auf die Frage, wie sie denn ihr dichtes Programm im Adventstress schaffen, meint Ehammer: „Es ist schon richtig, dass wir dafür viel Zeit aufwenden. Aber es gibt uns selber viel, weil wir immer wieder spüren, wie viel Freude wir damit anderen Menschen machen können. Die offenen Augen und Ohren der Kinder sind jedes Mal wieder ein Erlebnis. Oder auch die Begegnung mit einer behinderten Frau, die wir schon seit ihrer Kindheit besuchen. Jedes Mal ist sie schon ganz aufgeregt, wenn wir kommen. Und wenn sie auch kein Wort sagen kann, so zeigt sie uns doch auf eine unglaublich berührende Weise, wie sehr sie sich freut“, berichtet Ehammer. Er erzählt auch von Beispielen, wo sie für schwerkranke Menschen gesungen haben, die bald darauf friedlich gestorben sind. „Noch nie“, so sagt er, „hat jemand von uns gesagt, dass es ihm jetzt reicht. Mit dem Anklöpfeln schenken wir nicht nur Besinnung, es ist für uns selber so etwas wie ein Weg nach Bethlehem, ein Weg zur Krippe geworden. Und manchmal, wenn jemand von uns eine schwere Zeit durchgemacht hat, war es dann auch so etwas wie eine Therapie“, meint Ehammer.
Gemeinschaft. Auch wenn sie da und dort besinnliche Adventfeiern mitgestalten, der eigentliche Ort des Anklöpfelns ist der intime Raum der Familie, meint Ehammer. „Wir ermuntern die Leute aber auch immer, dass sie zu unserem Kommen Nachbarn oder Freunde einladen. Denn Gemeinschaft ist gerade heute so wichtig. Und so versuchen wir, ein wenig dazu beizutragen, dass dieses Netz dichter wird.“ Dazu passt auch der Abschluss der jeweiligen „Saison“, die weihnachtliche Feier für Obdachlose am Stephanitag bei den Barmherzigen Schwestern.
- Tipp: Die CD der Anklöpfler gibt es um 15 Euro beim Pfarramt Gneis, Eduard-Macheiner-Straße 4, 5020 Salzburg; pfarre.gneis@kirchen.net
Zur Sache
Der Brauch des Anklöpfelns hat verschiedene Wurzeln und wird bis heute in den Gebirgsregionen unterschiedlich praktiziert. Erste Zeugnisse gibt es in Tirol aus dem 15. Jahrhundert. Da war das Klöpfeln ein Orakelbrauch um Silvester. Vom 16. Jahrhundert an gibt es Belege, dass arme Leute mit dem Anklöpfeln ihren „Weihnachtstisch“ aufbessern wollten (Heischebrauch). Aus dem 19. Jahrhundert gibt es den Brauch, dass sich die Dienstleute an drei Donnerstagen im Advent jeweils bei einem anderen Bauern zum Singen und Essen trafen. Seit dem 17. Jahrhundert wurde das Anklöpfeln auch als „geistlicher Brauch“ ausgeübt.