Für Theologiestudierende ist die derzeitige Kirchen-Situation herausfordernd. Professoren und Studierende der Katholisch Theologischen Privatuniversität Linz (KTU) sind über die Anfragen und notwendige Konsequenzen aus den Missbrauchsfällen miteinander im Gespräch.
Klara Porsch studiert Theologie im vierten Semester. Selbstverständlich berührt sie der Strudel an kirchlichen Missbrauchsskandalen, der jetzt zu Tage tritt. Aber sie stellt klar: „Zum verantwortlichen Christsein gehört, dass man sich bewusst dafür entscheidet.“ So bringt sie die Krise der Kirche weder von ihrem Glauben ab noch von dem Wunsch, einen Beruf in der Kirche zu ergreifen. Um dann doch hinzuzufügen: „Es kommt für mich aber schon darauf an, wie die Kirchenleitung weiter mit dem Problem umgeht.“ Die Tatsache, dass der Missbrauch in einer solchen Bandbreite passieren konnte, lässt sie vor allem über die Kirche als System nachdenken. Auffallend ist für sie, dass viele Verantwortungsträger in der Kirche selbst eine sehr autoritäre Erziehung in den Internaten bekommen haben und diese Erfahrung womöglich mehr als bisher beachtet ihr Verständnis von Kirche prägt. Hier hakt die Pastoraltheologin der KTU, Hildegard Wustmans, ein: „Zusätzlich zu den klaren Worten brauchen wir Räume, wo über alle bisherigen kirchlichen Tabus offen geredet werden kann.“
Offensiv ansprechen. „Jetzt ist die Zeit zu reden“, unterstreicht auch Michael Rosenberger. Der Moraltheologe und Rektor der KTU hofft, dass die Diskussion nicht zu rasch verebbt: Der Anstoß dazu kann nicht von außen kommen, aber es wäre wichtig, dass nicht nur im deutschsprachigen Raum die Debatte geführt wird. Nach dem, was sich bisher gezeigt hat, kann man davon ausgehen, dass viele Länder Europas und ebenso andere Kontinente betroffen sind, so Rosenberger. Wustmans ergänzt: „Die Kirche hat keine Wahl, als das Thema weltweit offensiv anzusprechen.“
Macht und Sexualität. Als Theologiestudent sah er sich schon bisher im Freundeskreis vielen Fragen und oft Unverständnis ausgesetzt, was die Kirche betraf, erzählt Jakob Foissner: In den letzten Wochen wurde das noch viel mehr. Für seine Bekannten ist der Gallneukirchner Repräsentant der Kirche: „Derzeit ist Zuhören wichtiger als Diskutieren.“ Von seinem Wunsch, in und für die Kirche zu arbeiten, lässt auch er sich nicht abbringen. Er hofft aber, dass die Kirche durch die Krise offener wird: „Es wäre ein Wahnsinn, wenn sich etwas bewegen würde.“ Wustmans hält für entscheidend, dass die Kirche Taten im Zusammenhang mit den Missbrauchsskandalen setzt. Die Menschen müssen merken: Die Kirche redet nicht nur, sondern handelt für lückenlose Aufklärung. Es bedarf eines deutlichen Schuldeingeständnisses und der Auseinandersetzung mit den Themen von Macht und Sexualität, so die Pastoraltheologin Wustmans.
Begleiten. Im Blick auf ihre Zukunft – auch im Sinn von Missbrauchsprävention – wünschen sich die beiden Studierenden Klara Porsch und Jakob Foissner, dass die Kirchenleitung alle pastoralen Mitarbeiter/innen in ihren unterschiedlichen Berufsfeldern gut begleitet.
Wie sich die Theologiestudierenden Klara Porsch (rechts) und Jakob Foissner (links) mit der Pastoraltheologin Hildegard Wustmans und KTU-Rektor Michael Rosenberger über die Situation in der Kirche austauschten, sind viele Studierende mit den Professoren der KTU im Gespräch.