Die Mietpreise in Österreich im privaten Bereich schießen stetig in die Höhe. Für Menschen mit geringem Einkommen wird es immer schwieriger, eine leistbare Wohnung zu bekommen. Robert Buggler von der Armutskonferenz gibt Einblicke zum Thema Wohnen und Armut.
Ausgabe: 2017/04
24.01.2017 - Susanne Huber
Wenn zwei Drittel des Einkommens für die Wohnungsmiete draufgehen, wird es schwierig, über die Runden zu kommen. Zu all den zusätzlichen Fixkosten, die anfallen, bleiben da kaum noch Mittel zum Leben. Sabine K. (Anm.: Name von der Redaktion geändert) weiß aus Erfahrung, was das bedeutet.
Zunächst war da vor vielen Jahren der Traum, sich eine Eigentumswohnung anzuschaffen. „Ich habe 20 Jahre gespart, bis ich mir die Anzahlung leisten konnte und war sehr glücklich, als ich endlich in meine neuen vier Wände mit 65 Quadratmetern und großer Balkonterrasse gezogen bin“, erzählt die 57-jährige Salzburgerin. Die Kreditrückzahlungen waren vorerst kein Problem. Das hat sich 2003 geändert. „Die Firma, bei der ich gearbeitet hatte, ging in Konkurs und ich bekam aufgrund meines Alters, ich war damals 44 Jahre alt, keine Vollzeitanstellung mehr, sondern nur noch Minijobs. Die Eigentumswohnung konnte ich wegen meines verkleinerten Einkommens nicht mehr halten.“
Verkleinern
Es war für Sabine K. allerdings möglich, als Mieterin in der Wohnung zu bleiben. Mit einem Einkommen von 1280 Euro waren die Mietkosten von 720 Euro gerade noch leistbar. „Durch große Sparsamkeit habe ich das irgendwie doch geschafft. Jetzt ist der Mietpreis aber auf 840 Euro raufgesetzt worden und das geht sich nicht mehr aus.“ Die finanzielle Belastung ist massiv und eine passende gemeinnützige Wohnung zu finden fast aussichtslos. Auch die Suche auf dem privaten Mietwohnungsmarkt verläuft frustrierend. „Die Mieten im privaten Bereich sind derart hoch, dass man sich das mit geringerem Einkommen nur zu zweit leisten kann, wenn überhaupt. Ich lebe aber allein.“ Bereits vor fünf Jahren hat sich Sabine K. für eine gemeinnützige Wohnung in der Stadt Salzburg angemeldet. Nun besteht die Möglichkeit, eine 46-Quadratmeter-Wohnung zu bekommen. Das wäre auf jeden Fall eine finanzielle Erleichterung.
Sozialen Wohnbau erweitern
Die „Facetten der Wohnungsnot sind vielfältig“, sagt Robert Buggler von der Armutskonferenz. „Das reicht von gar keiner Wohnung über nicht leistbare Wohnungen bis hin zu beengten und prekären Wohnverhältnissen.“ Aber was dagegen tun? „Ein wichtiger Punkt ist, den sozialen Mietwohnbau massiv zu erweitern. Im Bundesland Salzburg zählen zum Beispiel nur 15,7 Prozent aller 233.700 Hauptwohnsitzwohnungen zum Sozialen Wohnbau, der vor allem von gemeinnützigen Wohnbauträgern verwaltet wird.“ In diesem Bereich haben laut einer Studie der Caritas Salzburg die Bundesländer Oberösterreich und Wien einen höheren Anteil (21 Prozent, 20,5 Prozent). Vorarlberg und Tirol verfügen über sehr viel weniger geförderten Wohnraum (9,7 Prozent, 9,4 Prozent). Was die Gemeindewohnungen im Speziellen betrifft, so bilden Salzburg und Oberösterreich mit 4 Prozent das Schlusslicht in Österreich.
Mietverhältnisse gibt es hauptsächlich am privaten Markt. Und dort begann im Jahr 2000 ein massiver Anstieg der Preise. „Die Mieten sind seit der Jahrtausendwende relativ rasch um mehr als 45 Prozent gestiegen; die Preise insgesamt jedoch im Vergleich dazu nur um 32,8 Prozent. Bei den Gehältern etwa sieht die Entwicklung leider anders aus. Das macht den Menschen zu schaffen“, betont Robert Buggler.
Beengte Wohnverhältnisse
Es gehe aber nicht nur darum, leistbaren Wohnraum zu schaffen, sondern auch um den Zugang und der Frage, welche Wohnungen werden gebaut, sagt der Experte der Armutskonferenz. „Viele Menschen leben in sehr beengten Wohnverhältnissen mit zu wenig Räumen. Da fehlt es an Rückzugsmöglichkeiten etwa zum Lernen. Das betrifft hauptsächlich größere Familien ab drei Kindern. Da steigt die Armutsgefährdung. Gemeinnützige Bauvereinigungen verfügen bedauerlicherweise über wenig große Wohnungen, obwohl der Bedarf gegeben ist.“
Generell leben in Österreich nach Angaben der Statistik Austria 1,551.000 armuts- und ausgrenzungsgefährdete Menschen. Betroffene Personen kämpfen unter anderem mit Zahlungsrückständen bei Mieten oder Krediten, sie können keine unerwarteten Ausgaben tätigen und die Wohnung nicht angemessen warmhalten. Zudem ist es ihnen nicht möglich, sich ein Auto oder eine Waschmaschine zu leisten.
Mietrechtsreform
Seitens der Armutskonferenz gibt es auch die Forderung von Veränderungen im unübersichtlichen Mietrecht. „Mit dem Kategoriemietzins beispielsweise haben wir ein schwer durchschaubares System, das mit Zu- und Abschlägen sehr flexibel gehandhabt werden kann. Die Konsequenz ist, dass die Wohnungspreise natürlich nach oben ausgereizt werden“, sagt Robert Buggler. Er gibt zu bedenken, dass Wohnen ein Grundrecht ist. Deshalb müsse es für jene, die in die Armut gerutscht sind, die Möglichkeit geben, sich zumindest die Wohnung zu ortsüblichen Kosten leisten zu können. Ein weiterer Faktor, der zu Wohnungsnot führe, bestehe darin, „dass Wohnungen, die vorhanden sind, leer stehen, als Zweitwohnsitz dienen, nicht ausgebaut sind oder an Touristen vermietet werden. Das verknappt den Wohnraum enorm.“ Im Bundesland Salzburg gebe es 60.000 Wohnungen, die fremdgenutzt werden – ein großes Potential an Wohnraum. „Wir brauchen eine Bewusstseinsänderung. Jeder, der eine Wohnung nicht als Wohnung nutzt, verengt das Angebot. Das macht etwas mit den Wohnungspreisen. Wir müssen wieder weg vom Abcashen, weg davon, Wohnungen als Anlageform anzuschaffen. Das ist auch eine ethische Frage. Am privaten Wohnungsmarkt fehlt es an Gemeinwesenorientierung und es herrschen Entsolidarisierungstendenzen. Auch das müssen künftig Schwerpunkte und Prioritäten in der Wohnungspolitik sein.“
Mietpreisentwicklung
Laut Statistik Austria betrug im Jahr 2015 in Österreich die durchschnittliche Höhe der Mieten inklusive Betriebskosten pro Hauptmietwohnung monatlich 475 Euro. Zwischen 2011 und 2015 stiegen die Mieten um durchschnittlich 14,9 Prozent. Im Jahr 2016 gegenüber 2015 sind die Wohnungsmieten um 3,1 Prozent gestiegen. Im Vergleich: In Vorarlberg zahlt man aktuell durchschnittlich 564,9 Euro für eine Hauptmietwohnung inklusive Betriebskosten (2011 waren es 492,7 Euro); in Tirol 512,9 Euro (2011: 446,9 Euro); in Oberösterreich 451,5 Euro (2011: 396,1 Euro), im Burgenland 415,3 Euro (2011: 371,9 Euro), in Salzburg 549,5 Euro (2011: 459,3 Euro).