Der Malteserorden macht nach dem Komflikt mit dem Papst die Amtsenthebung Albrecht von Boeselager als Großkanzler rückgängig, nimmt den Rücktritt von Großmeister Matthew Festing an und zeigt sich nun zur Zusammenarbeit mit der päpstlichen Untersuchungsdelegation bereit.
Ausgabe: 2017/05
31.01.2017 - Thomas Jansen/Kathpress
Mit dem Malteserorden verbinden Rom-Touristen einen Blick durchs Schlüsselloch. Auf dem Aventin-Hügel bietet dieses im Tor zu den Orangen-Gärten der Malteser einen spektakulären Blick: Durch einen Laubengang sieht der Betrachter auf die Kuppel des Petersdoms. Noch spektakulärer ist allerdings, was sich am 25. Jänner im Orden selbst abspielte. Der Streit zwischen dem Großmeister der Malteser, Matthew Festing, und dem Vatikan nahm eine überraschende Wendung: Festing trat von seinem Amt zurück. Der Papst habe ihn in einer Audienz am Tag davor dazu aufgefordert, erklärte der Orden. Der Vatikan selbst formulierte es freundlicher: Franziskus habe Festings Rücktritt angenommen und schätze seine „Loyalität und Ergebenheit“.
Konflikt
Der Großmeister des Malteserordens hatte sich weit aus dem Fenster gelehnt. Kurz vor Weihnachten verweigerte der Brite einer päpstlichen Untersuchungskommission zur Amtsenthebung des Deutschen Albrecht von Boeselager als Großkanzler die Zusammenarbeit. Er bestritt öffentlich die Legitimation des Gremiums und forderte alle Mitglieder zum Boykott der Kommission auf. Festing hatte die Entlassung Boeselagers im Dezember mit „schwerwiegenden Problemen“ begründet, die während Boeselagers Zeit als Verantwortlicher für die Koordination der humanitären Hilfe des Ordens aufgetreten seien. Angeblich soll die Verteilung von Kondomen durch Malteser International konkreter Anlass für die Amtsenthebung gewesen sein.
Unzutreffende Anschuldigungen
Albrecht von Boeselager wies die Vorwürfe zurück und rief ein Ordensgericht gegen seine Amtsenthebung an. Als der Papst den Fall durch eine Kommission untersuchen ließ, verweigerte Festing öffentlich die Zusammenarbeit des Ordens. Die päpstlichen Ermittler kamen laut Medienberichten zu dem Ergebnis, dass die Anschuldigungen gegen Boeselager unzutreffend seien. Daraufhin trat Festing auf Druck des Papstes zurück. Der Souveräne Rat des Ordens machte die Amtsenthebung Boeselagers durch den zurückgetretenen Großmeister Festing am Samstag rückgängig, wie die Malteser-Zentrale in Rom mitteilte. Zugleich nahm die Ordensregierung den Rücktritt Festings an. Bis zur Wahl eines Nachfolgers für den Briten werde der Orden übergangsweise vom Österreicher Ludwig Hoffmann-Rumerstein geleitet (siehe „Kopf der Woche“). Nach der Wahl soll ein päpstlicher Sonderdelegat Reformen bei den Maltesern einleiten.
Machtkampf
Die Malteser sind ein Kuriosum. Nur so erklärt sich die Eskalation des Streits. Einerseits ist er ein geistlicher Ritterorden, dessen oberste Rangklasse dem Papst Armut, Keuschheit und Gehorsam gelobt. Zugleich hat der Malteserorden jedoch den Status eines Völkerrechtssubjekts. Darauf berief sich Festing, als er dem Vatikan die Zusammenarbeit verweigerte. Der Orden wird rechtlich behandelt wie ein Staat, Matthew Festing war also Staatsoberhaupt. Die Malteser stellen eigene Pässe aus und unterhalten Botschaften. Ausschlaggebend für die Rücktrittsforderung des Papstes soll der Bericht der vatikanischen Untersuchungskommission sein. Über den genauen Inhalt ist bislang nichts bekannt. Vieles spricht nach Ansicht von Beobachtern jedoch dafür, dass es in dem Streit nicht nur um Kondome ging. Sie vermuten einen ordensinternen Machtkampf. Aus Sicht der deutschen Malteserritter handelt es sich um einen Konflikt zwischen Konservativen und Progressiven.