Ein Gebetbuch vielleicht. Und eine Bibel sollte wo im Hause stehen. Daran hat man zumindest früher erkannt, ob christliche Leute im Hause wohnen. Und das Weihwasser neben der Eingangstür natürlich. Aber heute?
Nicht, dass es das Wichtigste wäre. Aber ein zweiter Kugelschreiber in der Sakkotasche eines Mannes könnte ein deutlicher Hinweis darauf sein, dass man einem gestandenen Christen gegenübersteht. Mit der Handtasche einer Frau funktioniert es auch, aber da sieht man nicht hinein – und da befinden sich für gewöhnlich ohnehin immer ein paar vergessene Kugelschreiber. Wer – bewusst – einen zweiten Kugelschreiber mit sich führt, rechnet damit, dass jemand sein Gerät vergessen haben könnte – und springt ein.
Seit Weihwasserkessel selten geworden sind, braucht man einen genaueren Blick dafür, wem an einer religiösen Lebensführung gelegen sein könnte. Ein zweites Packerl Taschentücher, oder – ökologiebewusst – ein stets sauberes zweites Stofftaschentuch ist ebenso ein fast untrügliches Zeichen. Hier hat man es mit einem Menschen zu tun, dem nicht bloß am eigenen Wohl-befinden liegt, sondern der jederzeit bereit und auch in der Lage ist, für andere in die Bresche zu springen.
Überhaupt: Christenmenschen haben zu Hause ein Kombizangerl und auch ein paar Schraubenzieher. Schon aus reiner Nächstenliebe. Was hilft es, wenn man dem anderen sagt: „Ich mag dich, ich liebe dich sogar, aber mit deinem kaputten Dies und Das musst du dich an jemand anderen wenden – ich hab’ kein Werkzeug.“ Das wäre Christentum auf der bloß theoretischen Ebene. Das ist wie mit dem Öl, das die klugen Jungfrauen haben, die törichten aber nicht. Biblisch gesehen ist es kein Entschuldigungsgrund, kein Öl, kein Kombizangerl, kein Taschentuch für den Fall des Falles, keinen zweiten Kugelschreiber bei sich zu haben. Die biblische Wachsamkeit verlangt dies. In der Erziehung, auch im Religionsunter-richt, werden die Menschen auf diese prak-tischen Seiten des Christenlebens viel zu wenig hingewiesen.
Und dann erst das Nähzeug. In einer Reisegesellschaft macht man die Beobachtung: Die einen haben Nähzeug mit, die anderen nicht. Es liegt auf der Hand, welche der beiden Gruppen dem Himmelreich näher steht.
Die einen sagen: Wozu so viel mitschleppen, mir wird schon kein Knopf ausreißen. Die Not des Nächsten, dem es peinlich sein könnte, wenn ihm an neuralgischer Stelle ein Knopf fehlt, ist ihnen völlig egal. Das ist das Grundproblem heutzutage: dass man an die anderen nicht denkt. Dieser andere, meint einer vielleicht, muss ja selbst Flickzeug mithaben, schon aus Nächstenliebe. Wenn er keines mithat, ist er wohl auch kein Christ.
Echte Christen sind bereit, für andere ein-zuspringen, auch wenn diese selbst keine Christen sind. Das ist ja Gott sei Dank der Fortschritt, dass man sich aus religiösen Gründen einander nicht mehr aufs Zeug flickt, sondern dass man sich mit dem Flickzeug aushilft. Zugegeben: Mathematisch gesehen würde es genügen, wenn jeder zweite Christ oder jede zweite Christin Flickzeug bei sich hätte. Aber da müssten sie sich zusammenreden – und mit dem Dialog in der Kirche – das wäre ein eigenes Kapitel. Das alles ist ja heute viel einfacher geworden – durch die Erfindung des Multifunk-tionswerkzeuges. Leatherman und auch schon die Schweizermesser-Fabrikanten haben mehr für das praktische Christen-leben zuwege gebracht als die Glaubens-kommission.
Noch ein Beispiel: Haben Sie nicht auch das schon erlebt: Da singen sie in der Messe aus vollem Halse „Großer Gott, wir loben dich“, und wenn sie dann bei der Kollekte gefragt werden: „Hättest du einen Euro für mich, ich habe mein Geldtascherl vergessen“, winden sie sich und sagen: „Tut mir leid, aber ich habe nur das Meine mit.“ Ein guter Christ sollte – als Faustregel – zumindest doppelt soviel Geld zusätzlich mit in der Messe haben, als er selbst zu geben bereit ist. Das ist nämlich eine der größten Sünden: Andere daran zu hindern, Gutes zu tun.
Fangen wir im Glauben also bei den kleinen Dingen an: Flickzeug, Kugelschreiber, Kombizangerl. Diese drei. Am wichtigsten aber ist das Kombizangerl.