„Vöcklamarkt startet in neue Ära nach Häupl: Ökoprojekt neuer Art als Zukunftsmodell!“ – Eine Meldung mit diesem Titel schickte der Vöcklamarkter Bürgermeister Josef Six vergangene Woche an die Medien. Vorbei ist die Durststrecke nach der Insolvenz eines der größten Sägewerke Österreichs, der Firma Häupl, im Jahr 2009.
Ein Bürgermeister muss sich um seine Gemeinde, um deren Finanzen und um die Bewohner/innen sorgen. Geht ein Betrieb, der bis zu 200 Beschäftigte hatte, in Konkurs, verlieren Menschen ihre Arbeit und der Gemeinde gehen Kommunalabgaben verloren. Im Falle der Häupl-Insolvenz waren das 200.000 Euro pro Jahr.
Des einen Freud, des andern Leid. – Der Bürgermeister von Vöcklamarkt freut sich, dass sich eine Lösung gefunden hat, die am Standort der Gemeinde eine Wiederbelebung des Betriebsgeländes mit Fortsetzung des Sägewerks und weiteren Standbeinen wie Biomasse-Heizwerk und Pelletswerk möglich macht. Der Obmann der Oö. Fachgruppe Holzindustrie, DI Johannes Hanger, ist allerdings skeptisch: Es gebe am Holzmarkt eine äußerst angespannte Versorgungslage mit dem notwendigen Rohstoff Holz. „Wir haben derzeit in Oberösterreich die Situation, dass die Sägewerke, Holzverarbeitungsbetriebe und die Papier- und Zellstoffindustrie ihre Werke nicht mit Rohstoff aus Oberösterreich versorgen können, sondern ihre Einkaufsaktivitäten über die Staatsgrenze hinaus ausdehnen müssen. Dies obwohl seit der Stilllegung des Unternehmens Häupl die Einschnittmenge um 20 bzw. 15 Prozent in der oberösterreichischen Sägeindustrie geringer war.“
Umweltbewusstsein und Industriearbeit. Seit 2009 hat Josef Six als Bürgermeister von Vöcklamarkt viele Gepräche mit möglichen Nachfolgern geführt. Jetzt hat es geklappt, das freut ihn besonders auch im Hinblick auf die Zukunft der Jugend seiner Gemeinde. Sie brauche eine gute Perspektive, Jugendarbeitslosigkeit sollte vermieden werden. Ein Kärntner Unternehmen wird mit Unterstützung der Raiffeisenlandesbank 70 Millionen investieren. Im Herbst 2011 wird das Sägewerk mit zunächst 100 Beschäftigten den Betrieb aufnehmen, 2012 folgen Pelletswerk und Biomasse-Heizwerk.
Fördern, aber nicht verzerren. „Eine Versorgung des Werkes in Vöcklamarkt mit zusätzlichen 500.000 bis 700.000 Festmetern Holz aus der oberösterreichischen Forstwirtschaft wird nicht möglich sein“, meint Fachgruppen-Obmann Johannes Hanger. Er könne zwar verstehen, dass sich ein Bürgermeister bemüht, Unternehmen anzusiedeln. Er werde aber genau beobachten und darauf achten, dass es zu keinen wettbewerbsverzerrenden Förderungen außerhalb des gesetzlichen Rahmens komme. Bürgermeister Six sagt: Keine Sorge: „Ich werde nicht einen Cent Kommunalsteuer erlassen.“ Die Gemeinde unterstützt die Ansiedlung – im Bauverfahren zum Beispiel, aber sie werde nichts verschenken.
Abgangsgemeinde ade? Wer sich in Vöcklamarkt umhört, stößt (noch) nicht auf eine große Anteilnahme der Bevölkerung dafür, dass auf dem Häupl-Gelände ab Herbst wieder die Maschinen laufen werden und die LKWs Holz anliefern. Jugendliche sagen, sie hätten die Sache nicht verfolgt. Pfarrer Geistlicher Rat Mag. Johann Greinegger erinnert sich, dass der Konkurs 2009 für die Bevölkerung total überraschend gekommen ist. Etwas Undenkbares war geschehen. Mittlerweile ist Gras über die Sache gewachsen. Die meisten, die 2009 arbeitslos wurden, waren ausländische Beschäftigte. Erfreulich für die Gemeinde, so der Pfarrer, sei, dass jetzt wieder mehr Kommunalsteuern in die Gemeindekasse fließen. Ob es reicht, von einer Abgangsgemeinde wieder zu einer ausgeglichenen Gemeinde zu werden?
Die Pleite
Im März 2009 platzte die Informations-Bombe: Der Holzkonzern Häupl ist mit 73 Millionen Euro Schulden bei auf 40 Millionen Euro eingebrochenem Umsatz insolvent. Es war die siebtgrößte Pleite in Österreich
Die Folgen
Für die Gemeinde Vöcklamarkt war das ein einschneidendes Ereignis. Viele Menschen wurden arbeitslos. Bürgermeister Josef Six erzählt zum Beispiel von einer Familie, aus der im Häupl-Werk drei Mitglieder gearbeitet haben. Es war für ihn eine schlimme Zeit, viel schwieriger als die Zeiten, in denen Anrainer angerufen haben, die sich wegen Lärm vom Gelände oder LKW-Fahrten an Sonntagen beschwert haben.
Die Region, die Gemeinde
In Vöcklamarkt wie in vielen Gemeinden an der Vöckla hat die Sägeindustrie eine große Tradition. So ist in Frankenmarkt das nächste große Sägewerk Stallinger, mittlerweile ein Mayr-Melnhof-Betrieb. In Vöcklamarkt wohnen etwa 5000 Menschen, im Ort gibt es 1800 Arbeitsplätze. Relativ viele Vöcklamarkter/innen finden im Ort Beschäftigung.
Die Zukunft
Die neue Eigentümerin und Betreiberin des Häupl-Nachfolgeunternehmens ist die Vöcklamarkter Holzindustrie GmbH, die gemeinsam mit der RZ-Pellets, zuständig für das Heizkraftwerk und Pelletswerk, das Gesamtprojekt betreibt. Ökologische und ökonomische Interessen sollen verknüpft werden. Darauf nimmt auch Pfarrer Greinegger Bezug, der einen wichtigen Nutzen für das bestehende Heizwerk sieht, wenn mit dem Biomasse-Heizwerk Ökostrom ins Netz gespeist, Fernwärme für Vöcklamarkt erzeugt und Wärme für Pelletswerk und Schnittholztrocknung geliefert wird. Insgesamt sollen 150 Arbeitsplätze geschaffen werden.
Das Drumherum
Betreiber und Gemeinde haben für eines der modernsten Sägewerke Europas Vereinba-rungen getroffen, die den Anliegen der Anrainer (etwa 40) entgegenkommen sollen: Lärmschutz, Staubschutz, Zufahrt, Betriebszeitenregelungen – so dürfen schwere LKW erst ab sechs Uhr früh fahren.