Gott hört auch jene, die schuldig wurden: Daniels Bußgebet (Dan 9)
Ausgabe: 2011/30, glaube, hoffnung, gott
27.07.2011
Schuldig zu werden belastet schon einzelne Menschen oft schwer. Dies gilt noch mehr, wenn eine ganze Gemeinschaft von Vergehen bedrückt wird und deren Folgen schmerzhaft spüren muss.
167 v. Chr. hatten die Truppen des Seleukidenkönigs Antiochus IV. Jerusalem eingenommen und waren seitdem als Besatzer geblieben. Die einschränkende und beschämende Abhängigkeit von Fremden bringt Daniel mit dazu, sich an Gott zu wenden.
Schriftlesung. Daniel 9 ist im AT der klarste Fall, wo ein Gebet sich an das Lesen der Bibel anschließt. Daniel beschäftigt sich mit den „70 Jahren bezüglich der Trümmer Jerusalems“ (v2), wohl aus Jeremia 25,11 oder 29,10. Er lässt sich davon inspirieren und erbittet von Gott Klärung. Gottes Sprechen zu uns in der Schrift kann uns helfen, dass wir ihn unsererseits anreden.
Ernsthaft. Dass es Daniel nicht um bloßes Reden oder Einsicht-Erlangen geht, zeigt sein Verhalten. Fasten, Anziehen von Bußgewändern und Bestreuen mit Asche (v3) unterstreichen als Gesten der Erniedrigung, dass sein Bitten in sein ganzes Leben eingebunden ist und aus ganzem Herzen kommt. Es ist nicht isoliert, sondern wird bestätigt durch das, was er sonst tut.
Erbarmen. Angesichts der erdrückenden und verbreiteten Schuld (v5, mit fünf Verben) gibt es von menschlicher Seite keine Aussicht auf Rettung. Hoffnung liegt alleine bei Gott, den Daniel flehend und lobend anruft (v4, vermutlich Nehemia 1,5 aufnehmend). Er baut vor allem auf Gottes Vergebungsbereitschaft, die er zweimal anspricht (v9 und 19; vgl. auch 1 Kön 8 [s. Beitrag 5]). Er schließt sich selbst im ‚wir‘ unter den Sündern ein und faltet die allgemeine Verfallenheit in die Vergehen breit aus. Sie bestimmt fast das gesamte Gebet. Sein Beten ist solidarisch und beschönigt nichts.
Richtung. Daniel wünscht sich zweierlei. Einerseits möchte er das jeremianische Schriftwort verstehen. Andererseits, und noch mehr, geht es ihm um das Schicksal Jerusalems. Für diese Stadt bittet er Gott um eine Wende zum Guten (v16–19). Es ist erlaubt, sich mit Anliegen an Gott zu wenden.
Wertvoll. Daniel kommt mit seinem Gebet kaum zu Ende, weil bereits bei dessen Beginn Gott seinen Boten Gabriel zu ihm schickt und ihn erhört (v19–23). Dieser bringt in der Anrede an Daniel zum Ausdruck, was Betende für Gott sind: „sehr geschätzt“ (v23), kostbar und geliebt.
Wir haben gesündigt
v2 Ich, Daniel, achtete auf die Rollen, die Zahl der Jahre, was als Wort Jhwhs an den Propheten Jeremia ergangen war, dass voll werden müssen 70 Jahre für die Trümmer Jerusalems. v3 Und ich wandte mein Gesicht zum Herrn, Gott, Gebet und Flehen zu suchen, mit Fasten, Sack und Asche. v4 … und ich bekannte: „Ach, Herr, großer und hoch zu achtender El, bewahrend den Bund und die Verbundenheit den ihn Liebenden und seine Gebote Bewahrenden! v5 Wir haben gesündigt, uns vergangen, Übles getan, uns aufgelehnt und sind abgewichen … v6 Und wir haben nicht gehört auf deine Diener, die Propheten. v7 Du, Herr, bist im Recht, und uns (steht) die Schande im Gesicht … v9 Beim Herrn, unserem Gott, sind das Erbarmen und die Vergebungen … v19 Herr, höre! Herr, vergib! Herr, merke auf und handle, zögere nicht, deinetwegen, mein Gott, denn dein Name ist ausgerufen über deiner Stadt und deinem Volk!“ v21 Während ich noch mein Gebet sagte, rührte mich … Gabriel an … v23 „Am Anfang deines Flehens ging ein Wort aus, und ich bin gekommen, (es) zu verkünden, denn du bist sehr geschätzt …“