Anhand der Gestalt von Mirjam, die gemeinsam mit Mose und Aaron das Volk der Israeliten aus der Gefangenschaft geführt hatte, zog Brigitte Enzner-Probst auf Einladung der Frauenkommission einen geschichtlichen Bogen von starken Frauen aus dem Alten Testament bis in die Gegenwart.
„Und Mirjam schlug auf die Pauke“, war der Titel, den Enzner-Probst ihrer Suche nach den Spuren Mirjams durch die Jahrhunderte gab. Dem Vortrag vom 20. Oktober folgte ein Workshop, in dem sich über dreißig Frauen damit befassten, wie Frauen-Themen und weibliche Rituale in der Praxis in die Gemeindegottesdienste eingebaut werden könnten. Die deutsche Theologin veröffentlichte 2008 ihre Habilitationsschrift zum Thema „Frauenliturgien“. Außerdem ist sie Herausgeberin des FrauenKirchenKalenders.
Mit Mirjam durch das Schilfmeer. Das Alte Testament kennt viele Prophetinnen. Mirjam wurde als erste genannt und war, wie die anderen auch, eine sehr starke Frau. Ihr wird die Rolle der rettenden Anführerin zugeschrieben, die als erste Frau überhaupt einen Gottesdienst leitete. Brigitte Enzner-Probst streicht diese Vorreiterposition der Mirjam besonders heraus, ihr sollten später Frauen wie Hanna, Hulda, Maria oder auch Hildegard von Bingen folgen. Ebenso nennt sie Lydia, als erste europäische Christin, die eine Hauskirche leitete und Thekla, eine Gefährtin des Paulus. Enzner-Probst würdigt das 2. Vatikanische Konzil als Ursprung der Frauenliturgie. Erste Frauenliturgie-Gruppen entstanden in Ordensgemeinschaften in den USA, in Europa begannen Frauen in den Niederlanden eigene Liturgie-Gruppen zu gründen. Waren die amerikanischen Gruppen durchwegs getragen von Ordensfrauen und Theologinnen, wurden die ersten deutschsprachigen Gruppen nicht von der Gesamtkirche aufgenommen, so Enzner-Probst.
Lebendige Liturgie. Frauenliturgien sind lebensnahe Gottesdienste, für alle Sinne erfahrbar. Freuden und Verletzungen finden darin eine entsprechende freie Form. Ganz wichtig ist für die Theologin, dass diese Gruppen nicht in einem Nischendasein verharren, sondern in die Gemeinden und ihre Kirchen zurückwirken. Niemand ist ausgeschlossen, jede(r) darf sich einbringen, um Wandlung bitten und um Segen für das eigene Leben. Auch die Einengung auf ein rein männliches Gottesbild und den Gottesnamen „Vater“ wird in der Frauenliturgie aufgebrochen.
Wegweisend. Prophetisch. Priesterlich. Frauen legen ihre Finger auf die Wunden ihrer Zeit, betont Enzner-Probst. Nicht stehen bleiben, Auswege aufzeigen, Vernetzung statt Spaltung, Austausch statt Befestigen von Grenzen – das seien die grundlegenden Ansprüche der Frauenliturgie. Den globalen Herausforderungen und Wandlungen müssen Frauen und Männer auf Augenhöhe und mit Mut begegnen.
In Oberösterreich
- Seit 1990 werden in der Diözese Linz an verschiedensten Orten Frauenliturgien gefeiert.
- Seit 1999 sind von der Frauenkommission der Diözese Linz 110 Predigthilfen erschienen.
- Zweimal jährlich erscheinen im kfb-Rundbrief Texte, Gestaltungsideen, Lieder usw., die an Multiplikatorinnen weitergegeben werden.
- In diesem Arbeitsjahr werden in sechs Pfarren etwa 30 Frauenliturgien gefeiert werden.