Frauen werden in der patriarchalen Gesellschaft Nepals stark benachteiligt und befinden sich oft in schwierigen Lebenslagen. Ein Krisenzentrum in der Hauptstadt Kathmandu fängt sie auf und bietet ihnen Hilfe.
Ausgabe: 2017/10
07.03.2017 - Susanne Huber, Matthäus Fellinger
Es war im Jahr 2006 – der Bürgerkrieg in Nepal ging gerade nach zehn Jahren zu Ende –, als Heera Thapa in ihrem dürftigen Wohnraum im Slum von Kathmandu plötzlich aufhorchte. Im Radio lief eine Sendung über Frauen in Notsituationen. Da war die Rede von Arbeitslosigkeit, von sexueller und häuslicher Gewalt, von ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen, von Armut. Und es war die Rede von einem Krisenzentrum für Frauen in der Hauptstadt Nepals, wo Betroffene in Not Hilfe erfahren. Die junge Nepalesin prägte sich den Namen der Frau, die über den Äther sprach, gut ein – Draupati Rokaya. Mit ihr musste sie unbedingt Kontakt aufnehmen.
Schritt nach vorne
Bevor Heera Thapa nach Kathmandu kam, lebte die scheue Frau, die weder lesen noch schreiben konnte, gemeinsam mit ihrem Mann und ihrem Sohn in einem kleinen Dorf namens Tanahu. Dort, wie generell auf dem Land, wo der Großteil der Menschen in Armut lebt, waren in Folge der Kriegswirren die Chancen auf Arbeit aussichtslos. Wie so viele andere auch, beschloss die Familie vom Land in die Stadt zu siedeln. Die Hoffnung war groß, dass sich ihre von
Armut geprägten Lebensumstände somit bessern würden. Doch das war nicht der Fall. Von Tanahu ging es direkt in einen der vielen Slums von Kathmandu. Ihr Zuhause war ein kleiner Raum, an den sich ein Wellblechdach-Häuschen an das andere reihte; die Gassen rundherum waren verschmutzt und es gab kein sauberes Trinkwasser.
Nach der Radiosendung machte sich die junge Frau mutig auf den Weg zu Draupati Rokaya, der Generalsekretärin der Organisation „Nepal Mahila Bishwasi Sangh“ (NMBS) – ein wichtiger Schritt, der einen Wendepunkt in ihrem Leben markierte.
Weitergebildet
Seither sind mehr als zehn Jahre vergangen. Die heute 37-jährige Heera Thapa lernte mit Unterstützung von NMBS lesen und schreiben, ihr Selbstvertrauen wurde gestärkt, sie absolvierte verschiedene Workshops und Ausbildungen und ist heute Sozialarbeiterin und Köchin in einer Schul-Kantine. Gemeinsam mit der Organisation NMBS, die von der Katholischen Frauenbewegung Österreichs unterstützt wird, setzte sich Heera Thapa unter anderem dafür ein, dass im Slum, in dem sie wohnt, eine Gesundheitsstation und ein Wassertank errichtet wurden, der nun den Zugang zu sauberem Trinkwasser sichert.
Anlaufstelle
Der Bürgerkrieg im Land und das schwere Erdbeben 2015 haben die Lage der Frauen in Nepal, die in der traditionellen patriarchalen Gesellschaft stark benachteiligt sind, verschärft. Dazu kommt, dass es kaum Stellen für Frauen in Not gibt, an die sie sich wenden können. Deshalb ist die Arbeit der Organisation NMBS so wichtig. „Wir bieten Frauen aus allen Regionen Nepals in Krisensituationen psychologische Betreuung und Notunterkünfte an. Dazu leisten wir Bildungs- und Bewusstseinsarbeit, halten Gesundheits-, Computer- und Business-Trainings und geben Workshops für Trainerinnen“, sagt NMBS-Geschäftsführerin Draupati Rokaya.
Wunsch
Heera Thapas größter Wunsch ist, sich für ältere, alleinstehende Frauen im Slum einzusetzen. Diese werden in Nepal noch weniger be- und geachtet als die jüngere Generation. Damit sich das künftig ändert, plant sie eine Ausbildung zur Altenfachbetreuerin. Dass sie das schafft, steht außer Frage. Die engagierte Frau lebt auch heute noch im Slum. Und hier will sie bleiben – direkt bei den Menschen, die ihre Hilfe am dringendsten brauchen. (siehe Kopf der Woche).
Für die Bäuerinnen bedeutet die Hilfe aus Österreich viel
KirchenZeitungs-Leser/innen unterstützen Bauern und Bäuerinnen im Nordosten Nepals.
Acht Stunden dauert die Fahrt für die 125 Kilometer von Nepals Hauptstadt Kathmandu Richtung Nordosten in den Bezirk Dolakha. Der Weg führt in die Berge, es ist nicht ratsam, in die Nacht zu geraten. Von da ist es nicht mehr weit zur chinesischen Grenze. In der rauen und kargen Landschaft leben vor allem Bauernfamilien. Die Ziegenbäuerin Manmay Tama zum Beispiel, oder Tara Pakhrin, die stolz im Korb die Chilifrüchte aus ihrem Folientunnel zeigt. Mithilfe von kfb-Frauen aus Oberösterreich konnten sie ihrer Familie eine Existenz für die Zukunft aufbauen. Wie glücklich waren alle hier, als nach den Wirren der Kriegsjahre im Frühling 2015 in Charikot endlich ein Gemeindehaus eröffnet werden konnte. Doch einen Monat später war alles kaputt. Zwei Mal kam das große Erdbeben. Kaum ein Haus überstand es. Im Herbst 2016 wurde das Gemeindehaus hier in Charikot eröffnet. Die Bauern haben es nun mit technischer Unterstützung aus Österreich erdbebensicher selbst errichtet. Hier können sie Kurse abhalten. Es gibt ja keine Landwirtschaftsschule. Hierher kommen die Leute, wenn es gesundheitliche Probleme gibt. Zum nächsten Arzt wären es zwei Stunden mit dem Auto. Sila Taman ist auch Bäuerin. Aber sie hat sich ausbilden lassen in Gesundheitsfragen. So hält sie Kurse über Frauengesundheit und Babypflege. Die Ausrüstung, vom Stethoskop bis zur Babywaage, hat die Katholische Frauenbewegung beigesteuert. Monika Weilguni koordiniert den Familienfasttag in Oberösterreich. Letzten Herbst war sie in Nepal. Mit Blumenkränzen hat man sie empfangen – weil die Menschen einfach dankbar sind – und stolz, was sie mit den Mitteln aus Österreich schaffen. Die Chili im Korb von Tara Pakhrin werden auf dem Markt der nächsten Stadt landen. Jetzt gibt es auch eine gemeinsame Vermarktung der Produkte. Manmay Tama ist stolz auf ihren Ziegenstall. Damit wird ihre Familie auskommen können. Ja, es ist leichter geworden in Dolakha. Es besteht wieder Hoffnung. Leser/innen der KirchenZeitung unterstützen die Aktion Familienfasttag.
Familienfasttag
Weil Teilen Zukunft spendet
„teilen spendet zukunft“ – unter diesem Motto steht auch im Jahr 2017 die „Aktion Familienfasttag“ der Katholischen Frauenbewegung Österreichs (kfbö). Mit vielen Initiativen und Veranstaltungen wird während der Fastenzeit für Frauen-Hilfsprojekte in Afrika, Asien und Lateinamerika gesammelt. Offizieller „Familienfasttag“ ist am Freitag, dem 10. März.
Insgesamt fördert die Frauenbewegung mit ihrer seit 1958 bestehenden Aktion rund 100 Frauen-Projekte. Meist geht es dabei um Bildungs-, Gesundheits- oder Landwirtschaftsprojekte. Frauen werden aber auch dabei unterstützt, ihre Rechte in männerdominierten Gesellschaften wahrzunehmen.
2017 stellt die Frauenbewegung Hilfsprojekte in Nepal ins Zentrum ihres Engagements. Sie unterstützt unter anderem die nepalesischen Organisationen „Nepal Mahila Bishwasi Sangh“ (NMBS) und „Rural Reconstruction Nepal“ (RRN). In dem von den Folgen eines Bürgerkriegs geprägten Staat landen viele Frauen häufig in schlecht bezahlten, ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen und werden Opfer häuslicher und sexueller Gewalt.
- Infos unter: www.teilen.at