Die Rolle Konstantinopels als europäische „Leitkultur“ von 400 bis etwa 1100 nach Christus wurde weitgehend aus dem Bewusstsein der Westeuropäer verdrängt. Die Ausstellung „Das Goldene Byzanz & der Orient“ gibt nun eine Vorstellung von der Bedeutung des Byzantinischen Reiches.
Kaiser Konstantin hat die Stadt Byzanz – das heutige Istanbul – 330 n. Chr. zu seiner Hauptstadt gemacht und sie umgehend nach sich selbst benannt: Konstantinopel. Das Zentrum des Oströmischen-Byzantinischen Reiches nahm einen ungeheuren Aufschwung. Konstantinopel war lange Zeit die größte Stadt der Alten Welt, sie hat in Kunst, Kultur und Wissenschaft Maßstäbe gesetzt und war Drehscheibe des Handels für Luxusgüter wie Elfenbein aus Afrika oder Seide aus dem Fernen Osten.
Der Kaiser an der Spitze. An der Spitze dieses Reiches stand der Kaiser, der alle Pracht und Macht vereinte. Das zeigt sich anschaulich im ersten Schauraum, der als Thronsaal gestaltet ist. Wer zum Kaiser vorgelassen wurde, dem musste klar – gemacht – werden, was Basis des Reiches war: „Gott braucht niemanden und nichts, der Kaiser braucht nur Gott.“ Eine Projektion von Christus dem Weltenherrscher in der Apsis über dem stilisierten Kaiserthron zeigt den Ausstellungsbesucher/innen eindrücklich das religiöse Fundament der Herrschaft. Paläste und Kirchen – die berühmteste unter ihnen die Hagia Sophia – waren in gleicher Weise prächtig ausgestattet: mit Gold, Marmor, Seide.
Purpur-Tinte. Der erste Teil der Schau führt durch das Konstantinopel der Kaiser und Patriarchen. Oft sind es kleine Exponate, die staunen lassen: wie ein Fläschchen mit Farbpigmenten der Purpurschnecke. Purpur ist heute noch der teuerste Farbstoff der Welt. Kleidung in purpurner Farbe war in Konstantinopel dem Kaiser vorbehalten. Verstöße gegen das Farbmonopol konnten als Hochverrat angesehen und mit dem Tod bestraft werden. Der Kaiser unterschrieb auch mit purpurgefärbter Tinte, das zeigen Urkunden der Ausstellung. Von Paragraphen und Orgelpfeifen. Man darf aber aufgrund des immensen Reichtums und der Prunksucht nicht in die Falle tappen, das Byzantinische Reich als dekadent abzuqualifizieren. So basiert das heutige europäische Recht auf dem „Codex juris civilis“ von Kaiser Justinian I. aus dem 6. Jahrhundert. Auch die Orgeln fanden von Byzanz kommend Eingang in den Gottesdienst des Frankenreichs. Wie sehr Byzanz in die Länder des Orients und Donauraums ausstrahlte, wird an Exponaten, wie dem phänomenalen Goldschatz von Preslav, deutlich. Dieser ist erstmals in Österreich zu sehen. Als 1453 Konstantinopel von den osmanischen Türken erobert wurde, gelangte das antike römische und griechische Erbe, das in Byzanz lebendig gehalten wurde, durch geflohene Gelehrte und Handschriften in den Westen.
- Die Ausstellung „Das Goldene Byzanz & der Orient“ auf der Schallaburg ist bis 4. November 2012 täglich geöffnet, Montag bis Freitag, 9 bis 17 Uhr, Samstag und Sonntag, 9 bis18 Uhr. www.schallaburg.at.