Die Betonmauer, die Bethlehem von Jerusalem trennt, ist mit unzähligen Karikaturen und politischen Botschaften übersät. Eine Marienikone sticht dabei heraus. Gedanken zum Fest Maria Himmelfahrt.
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07.08.2012 - Josef Wallner
Maria, die Gottesmutter – das Graffito ist Regen und Sturm ausgesetzt, kein Dach schützt es vor der sengenden Sonne, die die Farben unweigerlich verblassen lässt. Doch gerade das ist die Botschaft der „Gottesmutter an der Mauer“: Maria will bei den Menschen sein, besonders bei denen, die schutzlos sind, die anstehen und deren Probleme sich wie eine unüberwindliche Mauer vor ihnen auftürmen. Und schließlich steht jeder Mensch vor der Mauer des Todes. Das Fest der Aufnahme Mariens in den Himmel ist ein Zeichen der Hoffung, dass einst alle Mauern fallen.
Maria und die Tür der Hoffnung
An der acht Meter hohen Betonmauer, die das israelische Jerusalem vom palästinensischen Bethlehem trennt, haben auf der Bethlehemer Seite Sprayer und Graffitikünstler ganze Arbeit geleistet. Die Betonwand ist übervoll mit Slogans und Karikaturen. Ein besonderes Werk hat der englische Ikonenmaler Ian Knowles hinterlassen: Die Gottesmutter thront über einer Mauer, die Sprünge zeigt und ein Tor hat, das den Blick auf Jerusalem freigibt. Es ist ein Hoffnungsbild – gegen die Realität. Denn nur wenige der rund 80.000 Bewohner der Region Bethlehem dürfen auf die andere Seite der Mauer. Die Menschen haben dieser Mariendarstellung einen Namen gegeben: „Unsere liebe Frau, die die Mauern niederriss“. In dem dazu verfassten Gebet heißt es: „Heilige Muttergottes, wir rufen dich an als Mutter der Kirche, Mutter aller Christen, die leiden. Wir flehen dich an, durch deine brennende Fürbitte diese Mauer, die Mauern in unserem Herzen und alle Mauern, die Hass, Gewalt, Angst und Gleichgültigkeit zwischen Menschen und Völkern hervorbringen, zu Fall zu bringen. (...) Beschütze uns vor allem Unheil und öffne in unserem Leben für immer die Tür der Hoffnung. Stärke uns und diese Welt, stärke die Kultur der Liebe, die aus dem Kreuz und der Auferstehung deines göttlichen Sohnes kommt, Jesus Christus, der lebt und herrscht in alle Ewigkeit“.