Weisheit kommt aus einem Herzen, das ohne Vorbehalt die Schätze sucht, die der andere in sich birgt. Weder „zu jung“ noch „schon zu alt“, weder „unfähig“ noch „unwürdig“ – Gottes Geist will wirklich alle Menschen erfüllen.
20. Sonntag im Jahreskreis – Lesejahr B, 19. August 2012EvangeliumJohannes 6, 51–58 Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel herabgekommen ist. Wer von diesem Brot isst, wird in Ewigkeit leben. Das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch, (ich gebe es hin) für das Leben der Welt. Da stritten sich die Juden und sagten: Wie kann er uns sein Fleisch zu essen geben? Jesus sagte zu ihnen: Amen, amen, das sage ich euch: Wenn ihr das Fleisch des Menschensohnes nicht esst und sein Blut nicht trinkt, habt ihr das Leben nicht in euch. Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, hat das ewige Leben, und ich werde ihn auferwecken am Letzten Tag. Denn mein Fleisch ist wirklich eine Speise, und mein Blut ist wirklich ein Trank. Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der bleibt in mir, und ich bleibe in ihm. Wie mich der lebendige Vater gesandt hat und wie ich durch den Vater lebe, so wird jeder, der mich isst, durch mich leben. Dies ist das Brot, das vom Himmel herabgekommen ist. Mit ihm ist es nicht wie mit dem Brot, das die Väter gegessen haben; sie sind gestorben. Wer aber dieses Brot isst, wird leben in Ewigkeit.
1. Lesung Sprichwörter 9, 1–6 Die Weisheit hat ihr Haus gebaut, ihre sieben Säulen behauen. Sie hat ihr Vieh geschlachtet, ihren Wein gemischt und schon ihren Tisch gedeckt. Sie hat ihre Mägde ausgesandt und lädt ein auf der Höhe der Stadtburg: Wer unerfahren ist, kehre hier ein. Zum Unwissenden sagt sie: Kommt, esst von meinem Mahl, und trinkt vom Wein, den ich mischte. Lasst ab von der Torheit, dann bleibt ihr am Leben und geht auf dem Weg der Einsicht.
2. Lesung Epheser 5, 15–20 Achtet also sorgfältig darauf, wie ihr euer Leben führt, nicht töricht, sondern klug. Nutzt die Zeit; denn diese Tage sind böse. Darum seid nicht unverständig, sondern begreift, was der Wille des Herrn ist. Berauscht euch nicht mit Wein – das macht zügellos –, sondern lasst euch vom Geist erfüllen! Lasst in eurer Mitte Psalmen, Hymnen und Lieder erklingen, wie der Geist sie eingibt. Singt und jubelt aus vollem Herzen zum Lob des Herrn! Sagt Gott, dem Vater, jederzeit Dank für alles im Namen Jesu Christi, unseres Herrn!
Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden Dies ist die Bitte des Menschen um seine Freiheit. Zunächst klingt das nicht so, aber es ist so. Der Mensch ist ein verwiesenes Wesen. Jeder Versuch, diese Verweisungen zu übersehen, aufzulösen, zu zerbrechen, führt zum Ruin des Menschen. Alfred DelpWORT ZUM SONNTAGEinander Gottes Geist zutrauen „Achtet sorgfältig darauf, wie ihr euer Leben führt ... Nutzt die Zeit!“ Eindringlich erinnert Paulus an die Verantwortung, das Leben sinnvoll und nützlich zu gestalten. Wir werden, was wir wählen – weise oder unverständig, den Willen Gottes erkennend oder trunken von Dingen, die wie der Wein unser Denken und Empfinden trüben. Diesen Aufruf auf uns zu beziehen, fällt nicht schwer, auch wenn wir im konkreten Tun dem Anspruch hinterher-hinken. Es tut wohl zu wissen, zu einem Leben in Weisheit berufen zu sein. Aber die Mahnung des Paulus gilt nicht nur uns, sondern in gleichem Maße unseren Mitmenschen. Alle sind wir berufen, weise zu werden. Unvernunft und Torheit sind für keinen ein unausweichliches Schicksal.
Spätestens da setzen unsere Bedenken ein. Wir sind geneigt, die Berufung anderer Menschen nur bedingt anzuerkennen – wenn sie uns noch zu jung oder schon zu alt, unfähig oder unwürdig scheinen. Trauen wir wirklich allen zu, dass der Geist Gottes sie erfüllen will? Die Frage ist der Prüfstein der eigenen Weisheit. Unsere Vorurteile und Ablehnungen konfrontieren uns mit den eigenen Grenzen. Weisheit hingegen kommt aus einem Herzen, das ohne Vorbehalt die Schätze sucht, die der andere in sich birgt. Sie hat ihre zuverlässige Quelle im Hinhören. Im Hinhören lernen wir, worauf es ankommt. Wir freuen uns neu an der Unmittel- barkeit der Kinder mit ihrem feinen Gespür für das Wesentliche; Menschen, unserer Sprache nicht mächtig, werden unsere Lehrmeister in der Sprache des Herzens, die sich viel klarer mitteilt als trefflichste Worte; und in der stillen Begleitung betagter Menschen erleben wir dankbar, wie Begegnung gelingt, wenn versiegende Kräfte die Kommunikation erschweren.
ZUM WEITERDENKEN Mit fortschreitenden Jahren erkennen wir immer deutlicher, dass wir verwiesen und an-gewiesen sind. Immer verdanken wir uns einem anderen. Gründet die „Weisheit des Alters“ in dieser Erfahrung?