400.000 Gäste werden zur Ski-WM in Schladming erwartet. Für jene, die nicht bloß den lauten Trubel wollen, bietet die evangelische Kirche täglich die Möglichkeiten zu Gesprächen „über Gott und die Welt“.
Die evangelische Pfarrgemeinde Schladming ist gerüstet. „Auch wir wollen gute Gastgeber sein und haben uns überlegt, wie wir den vielen Besuchern, die zur Ski-MW nach Schladming kommen, Gutes tun können. Mit einem täglichen ,LIFE TALK‘ im internationalen christlichen Jugendzentrum Tauernhof, der sich direkt neben der Talstation der Planai befindet, laden wir während der WM zu Gesprächen über Gott und die Welt ein. Die Möglichkeit, sich hier zu treffen und auszutauschen mag für manche vielleicht ein Anstoß sein, wieder die Kirche aufzusuchen, die Bibel zu lesen und den Glauben an Jesus zu leben“, sagt Gerhard Krömer, evangelischer Pfarrer in Schladming und Obmann des evangelisch-kirchlichen Jugendzentrums.
Wintersport-Bibel
Um die Gäste auf die „LIFE TALK“s aufmerksam zu machen, wird täglich ein internationales Team des christlichen Sport-Dienstes (ICSS) ausschwärmen. Die 25-köpfige Gruppe, organisiert und koordiniert vom christlichen Jugendzentrum Tauernhof und der evangelischen Pfarre, wird darüber hinaus eine Wintersport-Bibel verteilen. „Es gibt eine Fußballer-Bibel, eine Berg-Bibel, eine Schalke-Bibel, aber eine Wintersport-Bibel gab es bisher noch nicht“, so Pfarrer Krömer. Neben dem Text des Neuen Testaments und dem Buch der Sprüche erzählen darin rund 30 Wintersportler wie Marlies Schild, Benni Raich oder Gregor Schlieren-zauer in sehr persönlichen Berichten, was ihnen der Glaube an Gott bedeutet. Erarbeitet haben diese Bibel der Leiter des Tauernhofs, Hans Peter Royer, und der Schladminger Jörg Walcher. Der ehemalige Profi-Snowboarder und in den USA zum „Sport-Kaplan“ ausgebildete Walcher wird während der Ski-WM den Athleten auch als Seelsorger zur Seite stehen.
Bibelschmuggler
Der sportbegeisterte Pfarrer Gerhard Krömer ist auch selbst immer wieder in der Schladminger Bergwelt unterwegs. „Ich fahre Ski, bin aber als gebürtiger St. Pöltner nicht mit den Skiern geboren wie die Einheimischen hier. Das Skifahren habe ich erst richtig gelernt, als ich vor 37 Jahren nach Schladming gekommen bin. Ich spiele auch leidenschaftlich gerne Fußball und im Sommer gehe ich wandern.“ Etappen der evangelischen Pilgerroute „Weg des Buches“ führen durch die Schladming-Dachstein-Region. Hier kann man den Spuren der Bibelschmuggler folgen, weiß Pfarrer Krömer. „Andachtsbücher und Bibeln wurden von Handelsreisenden ins Land geschmuggelt, im Verborgenen gelesen und auch weitergegeben. Die erste Luther-Bibel ist 1534 erschienen. In der Ramsau gibt es noch ein Exemplar aus dem Jahr 1536, die ein Vermögen wert ist. Sie wurde allerdings von der Familie Wieser gekauft und nicht geschmuggelt.“
Zur Sache
Eine bewegte Geschichte
In Schladming gibt es eine lange evangelische Tradition. Nachdem Martin Luther 1517 in Wittenberg seine 95 Thesen verkündet hatte, kam das Zeugnis der Reformation vor allem durch Handwerker und Kaufleute auch ins Ennstal. Bereits 1522 wird die erste evangelische Gemeinde in Schladming gegründet. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts ist ganz Schladming evangelisch. „Die katholische Kirche wurde nur mehr für evangelische Zwecke verwendet und es gab schon einen evangelischen Pfarrer. Das änderte sich 1599 mit der Gegenreformation. Glaubenskommissionen kamen ins Land, die Leute wurden befragt und wer nicht katholisch war, ist entweder des Landes verwiesen oder eingesperrt worden“, erzählt der evangelische Pfarrer von Schladming, Gerhard Krömer. Ein Geheimprotestantismus lebt im Untergrund weiter. Erst 182 Jahre später erlässt Kaiser Joseph II. das Toleranzpatent, das den evangelischen Gläubigen die freie Ausübung ihrer Religion wieder ermöglicht. Am 1. Advent 1782 wird die evangelische Pfarrgemeinde Schladming erneut gegründet. Eine eigenständige katholische Pfarre gibt es in Schladming erst seit 1857, da sich die alte Hauptpfarre in Haus im Ennstal befand. Heute existiert ein katholischer Pfarrverband mit Schladming, Haus, Pichl, Ramsau und Assach. Betreut wird das obere Ennstal von den beiden katholischen Pfarrern Bernhard Preiß und Andreas Lechner.