Was in Altmünster nach anfänglichen Turbulenzen entstand, beeindruckt. Der Ort wurde zum Vorbild, wie der Umgang mit Asylwerbern gelingen kann. Im ehemaligen Hotel Rittertal wohnen seit Dezember 2012 an die fünfzig Menschen aus aller Herren Länder. Die KIZ hat sie besucht.
„Herzlich willkommen“ steht in großen bunten Buchstaben an einem Fenster beim Eingang zum ehemaligen Hotel Rittertal. Der Gruß galt den ersten Asylwerbern, die am 6. Dezember 2012 nach Altmünster gekommen waren. Dass Menschen, die eine neue Heimat suchen, willkommen geheißen werden, ist alles andere als selbstverständlich. Pfarrer Franz Benezeder und eine Reihe Bewohner/innen von Altmünster haben mit ihrem klaren Bekenntnis dazu beigetragen. Was davor war, hat sich erledigt, sagt der Pfarrer: „Wichtig ist das Jetzt.“ Und das ist voller Leben und Kinderlachen – trotz aller Ungewissheit über die Zukunft, die an den Asylwerbern nagt, und trotz aller Sorge über Familienangehörige, die zurückbleiben mussten.
15 Kinder leben im „Hotel Rittertal“, darunter Marta. Man stutzt, wenn man sie mit Pfarrer Benezeder reden hört. Sie ist seit 21. Dezember in Altmünster, besucht die 2. Klasse der Neuen Mittelschule und spricht unvorstellbar gut deutsch. Wie das in nur fünf Monaten möglich ist? – Kinder lernen leichter als Erwachsene. Das erfährt das junge Ehepaar Vladimir und Eugenia am eigenen Leib. Der Chirurg und die Krankenschwester mussten aus Russland fliehen. An die erstaunten Blicke sind sie offensichtich gewohnt, weil sie umgehend erklären, dass Russland alles andere als eine lupenreine Demokratie ist, und dass das Leben unmöglich wird, wenn man einmal den Zorn der Obrigkeit auf sich gezogen hat.
Von der Lehrerin zur Schülerin
Mit Armenien verhält es sich ähnlich. Frau Virgine und ihr Sohn sind Armenier und leben nun in Altmünster. „Zu Hause war ich Lehrerin, jetzt bin ich wieder Schülerin“, sagt sie lachend. Dank der engagierten Betreuung des Asylwerberheims durch Freiwillige werden bis zu viermal wöchentlich Deutschstunden angeboten. Vladimir und Eugenia nutzen jede Möglichkeit, um Deutsch zu lernen. Das soll ihren großen Traum Wirklichkeit werden lassen: hier in Österreich als Arzt und Krankenschwester arbeiten zu dürfen. Martina Ahammer sitzt gerade bei ihnen. Die junge Frau, die Deutsch als „Zweitsprache“ studiert, schreibt zur Zeit ihre Diplomarbeit.
Der Unterricht im „Hotel Rittertal“ ist ihr eine willkommene Abwechslung. Sie kommt, weil es ihr Spaß macht und weil man selbst viel über die fremde und eigene Kultur lernt. Ums Lernen dreht sich alles im „Hotel Rittertal“: lernen, den Alltag zu bewältigen mit Einkaufen, Arztbesuchen oder Behördengängen, lernen, sich mit der Kultur zurechtzufinden und das Warten lernen – auf den Bescheid der Asylbehörde. Was das Schwierigste ist. Unter dem Dach der überparteilichen Plattform „Altmünster für Menschen“ gibt es aber viele helfende Hände, die den Asylwerbern beistehen.
Über die Hilfe hinaus, die in sechs unterschiedlichen Arbeitsgruppen organisiert wird, beginnen in der Gemeinde und Pfarre auch persönliche Beziehungen zwischen Asylwerber/innen und den Einheimischen zu wachsen. Frau Virgine, eine katholische Armenierin, war zum Ausflug der Katholischen Frauenbewegung eingeladen. Sie erzählt ganz begeistert von der Wallfahrtskirche Maria Plain. Herr Mohsen aus dem Iran spielt inzwischen beim FC Altmünster Fussball. „Pfiat eich“, ruft er im breiten Dialekt, als Pfarrer Benezeder und sein Gast das „Hotel Rittertal“ verlassen.
Unter dem Dach der überparteilichen Plattform „Menschen für Altmünster“ gibt es viele helfende Hände, die den Asylbewerbern beistehen. Über die Hilfe hinaus beginnen auch persönliche Beziehungen zwischen Asylwerbern und Einheimsichen zu wachsen.
Ein Hoch der Solidarität
Die Plattform Altmünster für Menschen wurde heuer am 15. Mai mit dem Solidaritätspreis der KirchenZeitung ausgezeichnet. Beim Festakt meinte eine der Asylwerberinnen aus Afrika: „Ich liebe Altmünster“. Diese zärtliche Aussage passt gut zum Aufruf von Papst Franziskus, der eine zärtliche Kirche gegenüber den Armen will.
Altmünsters Solidarität hat diese Zärtlichkeit gut vorbereitet: Bevor die Asylwerber/innen im Ort ankamen, wurden in den Schulen Workshops abgehalten. Volksschüler zeichneten ein Willkommens-Plakat. „Dann sind die Leute gekommen. – Familien, schwangere Frauen, ältere Paare. Sie hatten nichts Bedrohliches“, erzählt Almut Etz von der Plattform. Offenheit schafft Beziehung, und Beziehung schafft Feindschaft ab.