Das Schlechtreden des Lehrerstandes habe Tradition in Österreich, kritisiert der Christliche Lehrerverein (CLV). Mit einer Plakatkampagne will der CLV das Image der Lehrer verbessern. Denn diese würden jetzt schon die Grenzen des Zumutbaren überschreiten.
Ausgabe: 2014/14, Lehrer, Schule, Image
01.04.2014 - Ernst Gansinger
„In der Öffentlichkeit herrscht ein reduziertes Lehrerbild vor“, sagt die Landesobfrau des CLV, Johanna Müller. Man sehe die 22 Stunden Unterricht und meine, dann hätten die Lehrer/innen frei. „Alles, was hinter der Arbeit von Lehrerinnen und Lehrern steht, findet nicht die öffentliche Aufmerksamkeit und Anerkennung“, bedauert Müller. Als Obfrau des CLV steht sie der größten Lehrer/innen-Organisation im Pflichtschulbereich vor: Der CLV hat in Oberösterreich 13.000 Mitglieder.
Was Eltern nicht schaffen
Das schlechte Image der Lehrer/innen nimmt auch Mag. Karl Ablinger wahr, der in der Österreichischen Lehrer/innen Initiative ÖLI und als Personalvertreter für berufsbildende mittlere und höhere Schulen engagiert ist. Er unterrichtet an der HAK und HLW Kirchdorf. „Die Lehrer/innen sind zum Mistkübel der Nation geworden. Was Eltern nicht schaffen, sollen wir schaffen. Auf uns werden die Erziehungsdefizite abgeladen“, klagt er. Ähnlich sieht es der CLV. Wenn man auch sonst oft anders als die ÖLI denkt, teilt man deren Beobachtung und meint, dass viele Eltern immer weniger Zeit für die Erziehung haben. Johanna Müller über den Schulalltag: „Früher lag der Fokus mehr auf dem Unterrichten, jetzt liegt er mehr auf dem Erziehen.“
Betonierer-Image durch Gewerkschaft
So sehr sich die Rahmenbedingungen ändern, so sehr bleibt die Motivation für einen guten Unterricht gleich: „Du musst die Kinder und Jugendlichen mögen“, sagt Ablinger. „Sonst kannst du Ausbildungen haben ohne Ende, es wird nichts nutzen.“ In dieser Spannung erlebt sich der langjährige Lehrer Ablinger: Er mag die Schüler/innen, lobt ihre Munterkeit, ihr Vertrauen, ihre Offenheit, aber es zermürbt ihn, was an Vorurteilen auf Lehrer/innen und Schule geworfen wird. Die Lehrergewerkschaft sei daran aber nicht unbeteiligt: Sie habe sich ein Blockierer-Image aufgebaut. Das müsse sich ändern. Das neue Dienstrecht für Lehrer/innen müsse die Gesamtarbeitszeit der Lehrer/innen abbilden und nicht wieder wie das alte nur auf die gehaltenen Unterrichtsstunden abzielen.
Schlechtreden des Lehrerstandes
Der CLV betont in Zusammenhang mit dem Ringen um ein neues Lehrerdienstrecht: „Die Regierung kommt ihrer Pflicht nicht nach, das Image der Lehrer/innen in der Öffentlichkeit positiv darzustellen.“ Die Schule ist seit eh und je Gegenstand heftigen politischen Gezerres. Das Schlechtreden des Lehrerstandes hat auch Tradition in unserem Land, werde aber stärker und führe dazu, dass sich „gerade die besten jungen Kräfte mehr und mehr vor den Kopf gestoßen fühlen und sich fragen, ob sie sich diesen Beruf unter dem derzeit in der Öffentlichkeit vorherrschenden Bild überhaupt antun sollen“, betont der CLV.
Zu viel Bürokratie an den Schulen
„Ich hätte nichts dagegen, mehr Zeit in der Schule zu verbringen, aber organisatorisch ist das aufgrund zu weniger Arbeitsplätze und fehlender Ausstattung zur Zeit nicht möglich“, sagt Karl Ablinger. Dann hätten die Lehrer/innen ein besseres Image. „Denn dass du daheim viel machst, auch an Samstagen und Sonntagen für die Schule arbeitest, glaubt dir kaum wer.“ Für Ablinger ist die Schule zudem zu sehr reglementiert: „Wir werden in ein Schema gepresst ... Alles wird auf Kompetenzen hingetrimmt ... alles muss dokumentiert werden.“ Man überhäufe die Lehrer/innen mit Arbeit, ihnen fehle so Zeit, sich ausreichend um die Schüler/innen zu kümmern. „Es nutzt keine Image-Kampagne, es muss sich am System etwas ändern“, ist Ablingers Resümee.
Viele Kinder haben Defizite
Johanna Müller weist auf die wachsenden Herausforderungen im schulischen Bereich hin: Die Unterschiedlichkeit der Kinder nimmt zu, viele Kinder haben Defizite. Das betreffe auch einfache Dinge wie Schuhbandl-Binden oder motorische Mängel, etwa dass sich Kinder schwertun, etwas auszuschneiden. Lehrer/innen stehen sehr viel alleine in den Klassen und wünschen sich öfter, als es derzeit möglich ist, Team-Teaching. „Das wäre ein totaler Gewinn“, gerade wenn in der Klasse verhaltensauffällige Kinder sind oder Hochbegabte oder Kinder mit Beeinträchtigungen. Integration sei ein Megathema. „Die Stundenkontingente dafür reichen seit langem nicht mehr aus und müssen endlich dem tatsächlichen Bedarf angepasst werden. Die Lehrerinnen und Lehrer überschreiten jetzt schon die Grenzen des Zumutbaren“, betont Müller.