Ausgabe: 2001/10, Mesner, Schmid, Kirchberg bei Linz, Kirchberg
06.03.2001 - Judith Moser
Seit 1946 ist Matthäus Schmid Mesner in Kirchberg bei Linz. 55 Jahre lang, in denen sich einiges geändert hat: Für ihn als Mesner, aber auch für alle anderen Pfarrmitglieder.
Nach 55 Jahren ist Matthäus Schmid zwar offiziell im „Ruhestand“ als Mesner, aber er kümmert sich weiter um die Arbeiten in und um den Gottesdienst, weil noch kein Nachfolger da ist. Am 18. Februar hat ihn die Pfarre trotzdem mit einem Festgottesdienst „verabschiedet“.Der 82-Jährige ist gleich neben der Kirche in Kirchberg bei Linz aufgewachsen. Er war Mi-nistrant, bis er die Hauptschule besucht hat. Dann folgte eine Schneiderlehre in Hargelsberg. Der Schneidermeister war Mesner, und der 15-jährige Matthäus musste ihm helfen, aber er hat das auch gern getan, wie er heute erzählt.1939 musste er zum Militär. Er kam in französische Gefangenschaft und kehrte 1946 nach Hause zurück. Noch am selben Tag hat ihn Pfarrer Josef Schürrer gebeten, den Mesnerdienst zu übernehmen. Seine fünf Schwestern haben Matthäus beim Blumenschmuck geholfen, bis er 1950 Maria geheiratet hat, die diese Arbeit und das Kirchenputzen übernommen hat – mitgeheiratet sozusagen.
Spannungen in der Pfarre
Herr Schmid erzählt, dass er mit Pfarrer Schürrer gut ausgekommen ist. Viele haben ihn abgelehnt, weil er „erzkonservativ und sehr gegen die Evangelischen eingestellt“ gewesen ist. Es gab damals bis weit in die 60er-Jahre große Spannungen mit der evangelischen Gemeinde in nächster Nähe. Pfarrer Schürrer hat sich bemüht, die gemischt-konfessionellen Paare, die evangelisch getraut worden sind, im Nachhinein katholisch zu trauen. Matthäus Schmid kann sich an ein einziges Paar erinnern, das von sich aus katholisch getraut werden wollte.
Glocken für die Kirche
Die Spannungen lassen sich anhand von Geschichten deutlich machen. So erzählt der Mesner, dass die Kirche 1958 wieder eine Glocke erhalten sollte. Ein evangelischer Bauer hatte sich bereit erklärt, die Glocke von der Gießerei in St. Florian zu holen, doch für die katholischen Pfarrmitglieder ist das gar nicht in Frage gekommen. Sie haben sich lieber selbst damit geplagt. Der nächste Pfarrer, Johann Breit, war nur ein Jahr lang in Kirchberg. Er war sehr modern und aufgeschlossen. Er hat den Pfarrmitgliedern nicht gesagt, dass er nicht bleiben wolle. Viele in der Pfarre haben Matthäus Schmid verdächtigt, beim Bischof interveniert zu haben, damit der Pfarrer wieder aus Kirchberg wegkommt.
Messen in Deutsch
Von 1963 bis 1971 war Johannes Haudum Pfarrer in Kirchberg. Er hat sich sehr gut mit dem evangelischen Pfarrer verstanden, und so sind auch die Spannungen zwischen den Gemeinschaften allmählich verschwunden.In den 60er-Jahren kam die Liturgiereform und die Messen wurden nicht mehr lateinisch, sondern in Deutsch gelesen. Matthäus Schmid kann sich erinnern, dass die Leute früher nicht so andächtig waren, weil sie nicht sehr viel von der Messe verstanden haben. „Im Oratorium war nie Ruhe“, erinnert er sich. Die Menschen haben Rosenkranz gebetet, im Messbuch gelesen oder sich unterhalten. In den frühen 60ern wurde die Kirche neu gestaltet. Der Hochaltar, zwei Seitenaltäre und die Kanzel wurden entfernt, weil sie schon sehr kaputt waren, die Pfarrkirche bekam einen Volksaltar. Die Pfarrangehörigen haben das eher gelassen zur Kenntnis genommen. An Proteste kann sich Matthäus Schmid nicht erinnern.Die deutlichste Veränderung betrifft wohl das Verhältnis von Pfarrangehörigen und Mesner zum Pfarrer: Aus einem „Hochwürdigen Herrn Pfarrer“ ist ein vertrautes und freundschaftliches „Du“ geworden.
Neue Erfahrungen
Und Maria Schmid hat mit dem Festgottesdienst eine neue Erfahrung gemacht: „Zum ersten Mal ist mein Mann mit mir gemeinsam in die Kirche gegangen.“