Katharina Schindelegger (33) ist Theologin und Journalistin. Sie ist in den Pfarren Ober Sankt Veit und Unter Sankt Veit – Zum Guten Hirten (Wien 13) als Pastoralassistentin tätig.
„Es ist ein ökologischer Wahnsinn, eine Universität auf die grüne Wiese mitten in die Natur, in die Kaltluftschneise, ins Naherholungsgebiet bauen zu wollen und nicht einmal zu prüfen, ob die freien Flächen neben dem Bahnhof in der Post-City nicht besser geeignet sind. Was ist daran wissenschaftlich?“, fragt Gabriela Broksch von der Bürger:inneninitiative „Retten wir den Grüngürtel“ wütend. Schon jetzt sei das Linzer Univiertel nicht gut genug an den öffentlichen Verkehr angebunden. Vor allem gebe es keine ausreichenden Lösungen für Pendler:innen aus dem Mühlviertel, kritisieren Umweltschützer:innen.
Die Klimastudie der Stadt Linz weist das Grünland nördlich der Johannes Kepler Universität als ein Areal aus, das als Kaltluftschneise dient, damit sich die Stadt Linz nicht noch mehr aufheizt. Für die Belüftung des Stadtgebietes ist es wichtig, dass diese Fläche unverbaut bleibt und entsprechend geschützt wird, hält die Studie fest.
Plötzlich scheinen diese Erkenntnisse aber ihre Bedeutung verloren zu haben, meinen die Aktivist:innen von „Grüngürtel schützen“. Die Stadt Linz will rund zehn Hektar, die einst vom Gemeinderat als wertvolles und für das Klima der Stadt unverzichtbares Grünland definiert wurden, in Bauland umwidmen. Das soll den Bau der neuen Digitaluniversität sowie großflächige Betriebsansiedlungen ermöglichen.
Anfang Mai wurden konkrete Pläne zum Standort der neuen Digitaluni präsentiert. Bildungsministerium, Bundesimmobiliengesellschaft, Land Oberösterreich und Stadt Linz gehen davon aus, dass der neue Campus nur „minimalen Einfluss auf den Kaltluftstrom aus dem Mühlviertel“ haben werde. Die Baukörper würden den Baumbestand nicht überragen. Die Hälfte des Grundstücks soll unbebaut bleiben. Zudem sollen viele neue Bäume gesetzt werden. Synergien mit der bestehenden Kepler-Universität werden seitens Bürgermeister Klaus Luger und Vizebürgermeister Martin Hajart als Argument für den Standort ins Treffen geführt, die Standort-Entscheidung sei aufgrund von Vereinbarungen zwischen Bund, Land und Stadt „beschlossene Sache“.
Bereits am 23. Mai oder im Juni will der Linzer Gemeinderat über die Umwidmungen abstimmen, vermutet die Bürger:inneninitiative. Die Stadt Linz, auf jeden Fall die Mehrheit des Gemeinderats, drückt aufs Tempo. „Man hat den Eindruck, dass das Projekt rasch und irgendwie still und leise durchgezogen werden soll“, kritisiert Albert Scalet.
Der pensionierte Pfarrassistent lebt in Linz-Dornach und engagiert sich in der Bürger:innenbewegung. „Ich bin selbst ein Betroffener und es ist mir wichtig, Lebensräume für Mensch, Tier und Pflanzen nicht leichtfertig zu zerstören. Ganz ohne geht es nicht, aber jedes Versiegeln von Boden ist schlecht.“ Scalet ist auch überzeugt, dass zum Christsein nicht nur das Nettsein zum unmittelbar Nächsten gehört, sondern dass damit auch eine gesellschaftliche Verantwortung verbunden ist.
Das sieht auch Christian Hein so. Der Seelsorger in der neuen Pfarre Urfahr-St. Junia weist auf das Pastoralkonzept der Pfarre hin. Dort heißt es klipp und klar: „Schöpfungsverantwortung ist Kernthema unseres Kirche-Seins, kein ‚Nebenschauplatz‘.“ „Wenn jemand auf uns mit einem Umweltthema zukommt, muss es uns ein Anliegen sein“, beschreibt er konkret, wie es im Fall der Auseinandersetzung um den Grüngürtel geschehen ist. Die Pfarre Urfahr hat in der Pfarrgemeinde Heiliger Geist den Pfarrsaal für ein erstes Treffen zur Verfügung gestellt, zu dem zwischen 250 und 300 Personen gekommen sind. Dort fiel der Startschuss für die Gründung einer parteiunabhängigen Bürger:innenbewegung. Weiters unterstützt die Pfarre Urfahr über das Netzwerk ihrer Teilgemeinden die Sammlung von Protestunterschriften, erklärt Christian Hein. „Verkehr, Stau, Lärm, Abgase, Hitze, Gesundheitsgefährdung, Lichtverschmutzung, Hochwasser, Bodenversiegelung … Die Zukunft unserer Kinder und Enkel wird unter Beton und Asphalt begraben“, heißt es in der Petition. Eine weitere Diskussion des Themas im pfarrlichen Pastoralrat von Urfahr-St. Junia ist geplant.
Am 23. Mai um 13:30 Uhr findet parallel zur vielleicht alles entscheidenden Gemeinderatssitzung eine Menschenkette für den Grüngürtel am Linzer Hauptplatz statt. Gabriela Broksch wird dabei sein – ihr ist wichtig, zu betonen, dass sie das ganz bewusst als Spirituelle Wegbegleiterin tut, denn „es ist eine spirituelle Aufgabe, Anwältin für die Natur zu sein“.
Katharina Schindelegger (33) ist Theologin und Journalistin. Sie ist in den Pfarren Ober Sankt Veit und Unter Sankt Veit – Zum Guten Hirten (Wien 13) als Pastoralassistentin tätig.
Turmeremitin Birgit Kubik berichtet über ihre Woche in der Türmerstube hoch oben im Mariendom Linz >>
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