- Reinhold Ettel ist Jesuit, Religionspädagoge und in der
Familienpasto
Mich fasziniert, wie gelassen Jesus mit dem Sterben umgeht. Als er von der Krankheit Lazarus’ erfährt, bleibt er bei dem, was er gerade tut. Als seine Jünger darauf hinweisen, dass es mit seinem Freund ernst sei, vertraut er dem Leben mehr als dem Tod.
Als mein Bruder starb, war es für uns alle viel zu früh. Ich bekam am Morgen die Nachricht von seinem Tod. Für den Abend hatte ich schon länger mit einer Gruppe einen Gottesdienst vereinbart. Sie wussten nichts vom Tod meines Bruders. Als Lesung hatten sie das 11. Kapitel aus dem Johannesevangelium gewählt. Die Klage Martas fand in mir ein besonderes Echo: „Herr, wärest du hier gewesen, wäre mein Bruder nicht gestorben.“ Und die Zusage Jesu: „Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt.“ Ich spürte die Spannung zwischen der Glaubenshoffnung und der Traurigkeit über den Tod des Bruders. Ist meine Trauer vereinbar mit der Hoffnung auf das Leben? Wie tief geht mein Glaube an die Auferstehung zum ewigen Leben? Bin ich bereit, meinen verstorbenen Bruder loszulassen?
Im Grunde lebt in jedem Menschen eine tiefe Sehnsucht nach einem gelingenden und erfüllenden Leben. Jesus will mit seinem Verhalten und seiner Botschaft diesem Drängen nach Leben beistehen. Wir Menschen sind überall mit vielfältigen Todesmächten konfrontiert. Ständig erfahren wir uns im Leben begrenzt, eingeschränkt und vieles wird uns durchkreuzt. Jesus erweist sich als starker Anwalt für das Leben. Dazu ist er in die Welt gekommen, damit wir das Leben finden. In seiner Auferstehung wird offenkundig, dass er auch gegenüber dem Tod der Anwalt des Lebens ist – jedoch nie ohne uns! Es erfordert auch, dass ich mich persönlich immer neu für das Leben entscheide, mich dafür begeistern lasse und mitwirke.